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Naturkatastrophe: Warum es auf Hawaii und Maui brennt

Trockenheit und starker Wind fachen großflächige Brände auf Hawaii und Maui an. Lahaina, die historische Walfängerstadt und frühere Hauptstadt des Königreichs Hawaii, ist weitgehend zerstört, mindestens 55 Menschen sind bereits gestorben.
Waldbrand nahe einer Straße auf der Insel Maui, davor ein Feuerwehrauto bei Nacht
Feuer im Paradies: Der berühmte Walfängerort Lahaina auf der Insel Maui im US-Bundesstaat Hawaii steht am 9. August 2023 Ortszeit in Flammen.

Dieser Text wurde am 11. August 2023 um 13:00 Uhr aktualisiert und um weitere Hinweise zu den Ursachen der Feuer ergänzt.

Auf der Insel Maui und Hawaiis Hauptinsel Big Island wüteten verheerende Wald- und Buschbrände. Trockenheit und starker Wind fachten die Brände an. Die bei Touristen beliebte Stadt Lahaina ist besonders stark betroffen: Die historische Walfänger- und frühere Hauptstadt des Königreichs Hawaii gilt als weitgehend zerstört, mindestens 55 Todesopfer sind bereits zu beklagen. Die meisten von ihnen sollen in Lahaina ums Leben gekommen sein. Das Ausmaß der Schäden ist dem Gouverneur des US-Bundesstaats Hawaii Josh Green zufolge noch nicht absehbar.

Laut einem Bericht in »Scientific American« sind die Krankenhäuser auf Maui überfüllt mit Patienten, die wegen Verbrennungen oder Rauchvergiftung eingeliefert wurden. Da die Feuer sich zunächst unkontrolliert ausbreiteten, mussten zahlreiche Gebiete der Insel evakuiert werden. Touristen wurden von der örtlichen Tourismusaufsicht HTA (Hawai’i Tourism Authority) aufgefordert, sich zu einem Flughafen im Osten der Insel zu begeben. Im Westen, wo die Feuer besonders stark tobten, sollen der Strom und die Mobilfunkverbindungen größtenteils ausgefallen sein. Auf der Hauptinsel von Hawaii ist insbesondere das Mauna Kea Ressort betroffen. Viele Verkehrswege sind wegen der Brände gesperrt. Rund 14 500 Menschen, darunter Einwohner und Gäste, sollen laut Behördenangaben bislang die Insel verlassen und sich an sichere Orte auf den benachbarten Inseln begeben haben.

Zwar gelten die Feuer derzeit als zu 70 bis 80 Prozent eingedämmt. Dennoch werden weiterhin alle, die keinen triftigen Grund für den Aufenthalt vor Ort haben, in einem öffentlichen Aufruf der Tourismusbehörde aufgefordert, Maui zu verlassen. Menschen, die eine Anreise etwa zu Erholungszwecken geplant hatten, werden gebeten, die Reise zum jetzigen Zeitpunkt nicht anzutreten, da sich sämtliche vor Ort verfügbaren Kräfte in den kommenden Tagen und Wochen auf die Rettung und Unterstützung der Inselbewohner konzentrieren – besonders auf solche Gemeinden, deren Bewohnerinnen und Bewohner ihre Häuser und Geschäfte wegen der Brände verlassen mussten.

Flughafen in Kahului noch geöffnet

Im selben Schreiben teilt die Behörde mit, dass die Nachbarinseln Kaua’i, O’ahu, Moloka’i, Lana’i und weite Teile der Hauptinsel von der Naturkatastrophe nicht betroffen sind. Der Flughafen in Kahului im Osten der Insel Maui sei zurzeit noch geöffnet. Wer bereits über einen gebuchten Flug verfüge, solle sich mit der jeweiligen Fluglinie in Verbindung setzen, um sich über Flugänderungen zu informieren oder umzubuchen. Auf ihrer Homepage gibt die Behörde weitere Hilfestellungen und Hinweise für Betroffene – die Seite wird laufend aktualisiert

Lahaina war im frühen 19. Jahrhundert die Hauptstadt des hawaiianischen Königreichs und während des Höhepunkts des Walfangs in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein Anlaufpunkt für Walfänger. Damals sollen bis zu 1500 Seefahrer und rund 400 Schiffe regelmäßig in Lahaina gewesen sein. Auch Herman Melville, der Autor des Klassikers »Moby Dick«, war in Lahaina zu Besuch und verewigte diese Zeit in seinem Roman.

Lahaina ist im National Register of Historic Places der USA aufgeführt. Die Front Street zählt (beziehungsweise zählte) laut der Architekten- und Stadtplanervereinigung »American Planning Association« zu den sehenswertesten Straßen in den Vereinigten Staaten. Nach ersten Berichten lokaler und US-amerikanischer Medien sowie Betroffener dürfte das historische Lahaina nahezu vollständig ein Raub der Flammen geworden sein.

Laut dem Meteorologen Robert Bohlin vom National Weather Service (NWS) in Honolulu habe eine Gemengelage ungünstiger Wetterbedingungen die Brände ausgelöst; namentlich seien starke Winde, trockene Vegetation und geringe Niederschläge dafür verantwortlich. »Zu dieser Zeit im Jahr beginnen wir auszutrocknen«, erklärte Bohlin gegenüber »Scientific American«. Die jahreszeitbedingte typische Trockenheit sei auf die Spitze getrieben worden durch ausbleibenden Regen. Die anhaltende Trockenheit habe die Gräser und die gesamte Vegetation ausgedörrt und anfälliger für Brände gemacht.

Invasive Gräser stören hawaiianisches Landökosystem

Was Bohlin an der Stelle nicht erwähnt, sind invasive Grasarten wie das Guinea Grass (»Megathyrsus maximus«). Sie stören laut University of Hawaii die einheimischen Arten beim Bilden resistenter Artgemeinschaften, demzufolge gebe es sogar einen Kreislauf von invasiven Gräsern und Waldbränden in den hawaiianischen Landökosystemen, und das Brandverhalten ändere sich laut Forschungen des College of Tropical Agriculture and Human Resources in Manoa. Die gewonnen Erkenntnisse dürften eine entscheidende Rolle spielen, um wiederaufzuforsten und künftige Brände zu beherrschen.

»Wir erforschen Methoden zur Wiederherstellung einheimischer Gehölzbestände, um die Wahrscheinlichkeit des Auftretens und der Ausbreitung von Bränden zu verringern«

»Unsere Forschungsarbeiten sollen zu einem besseren Verständnis der Brennstoff-, Klima- und Brandverhaltenskomponenten des Kreislaufs von invasiven Gräsern und Waldbränden in hawaiianischen Landökosystemen führen, die derzeit von nichtheimischen Gräsern dominiert werden«, teilt das College of Tropical Agriculture auf einer Website zum Thema mit. Insbesondere wollen die hawaiianischen Forscherinnen und Forscher die Modelle zur genauen Vorhersage der Entzündungswahrscheinlichkeit, der Ausbreitungsgeschwindigkeit und der Feuerintensität in nichtheimischen Graslandschaften verbessern.

Darüber hinaus erforsche man »Methoden zur Wiederherstellung einheimischer Gehölzbestände, um die Wahrscheinlichkeit des Auftretens und der Ausbreitung von Bränden zu verringern, die weitere Umwandlung verbleibender einheimischer Pflanzenbestände in nicht einheimisches Grasland zu verhindern und die einheimische Artenvielfalt zu erhöhen.« Die meisten Waldbrände auf Hawaii würden jedoch von Menschen ausgelöst.

Starke Winde behinderten zunächst die Löscharbeiten

Weitere Faktoren spielen den Experten zufolge beim aktuellen Brandgeschehen eine Rolle. So liege ein starkes Hochdruckgebiet über dem Norden der Inselgruppe, während der Süden unter dem Einfluss eines ausdauernden Tiefdruckgebiets steht, des Hurricans Dora. Wind neigt dazu, von Hochdruck- in Tiefdruckgebiete zu strömen, und je stärker der Druckunterschied, desto schneller und heftiger bewegen sich die Winde. Auch das zerklüftete Inselgebiet könne laut Bohlin gelegentlich solche Winde regelrecht bündeln und Böen verstärken.

Der hawaiianische Wetterdienst hatte vor Winden mit 50 bis 70 Kilometer pro Stunde und vor Sturmböen mit bis zu 100 Kilometer pro Stunde gewarnt. Die starken Winde fachten die Flammen immer weiter an. So könne es passieren, erklärte ein Mitarbeiter der lokalen Feuerwehr auf Maui in einer Pressemitteilung, dass das Feuer zunächst noch anderthalb Kilometer vom eigenen Haus entfernt sei und dann binnen ein, zwei Minuten bereits das Haus erfasse.

Auf Maui gilt derzeit Stufe Rot des Zivilschutzalarms und auch die offiziellen staatlichen Webseiten halten Informationen dazu bereit, wie Bürgerinnen und Bürger sowie Gäste sich in der jetzigen Situation verhalten sollten, welche Straßen nicht mehr passierbar sind und wo sich Notunterkünfte des Roten Kreuzes befinden. Die Nationalgarde sowie Katastrophenschützer sind im Einsatz und verteilen Hilfsgüter. Der Gouverneur des Inselbundesstaats hatte am 10. August 2023 die »Federal Disaster Declaration« beim Präsidenten der Vereinigten Staaten eingereicht und ihn um Unterstützung auf Bundesebene gebeten.

Mittlerweile hat Joe Biden den Katastrophenfall ausgerufen, und das US-Militär schickte neben Such- und Rettungsmannschaften Hubschrauber nach Hawaii. Da durch die Zerstörung Lahainas und anderer Orte Tausende Menschen nun obdachlos geworden sind, wurden alle Bewohner Hawaiis in einer Pressekonferenz des Gouverneurs aufgerufen, Betroffene bei sich zu Hause aufzunehmen. Die Suche nach Notunterkünften halte an. Viele Einheimische haben durch die Naturkatastrophe auch ihre wirtschaftliche Grundlage verloren.

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