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News: Heimatverbundene Fische

Zurück an den Ort der Geburt - für viele Tiere ist das keine Seltenheit. Selbst wenn sie dafür Tausende von Kilometern weit reisen müssen. Ob Meeresfische immer zu ihren jeweiligen Kinderstuben zurückkehren, ist allerdings schwer zu verfolgen. Doch sie tragen ein inneres Reisetagebuch mit sich: ihre Gehörsteinchen. Sie zeigten Forschern nun, dass die Tiere doch eindeutig ihren eigenen Geburtsort bevorzugen, um dort zu laichen.
Jahr für Jahr steigen riesige Schwärme von Lachsen in den Flüssen auf, um dort – an ihrem Geburtsort – eine neue Generation zu gründen. Dieses Wanderverhalten ist vergleichsweise gut untersucht. Ob aber auch rein marin lebende Fische zum Laichen in ihre Kinderstube zurückkehren, war für Forscher bisher rätselhaft. Denn es ist unmöglich, die zahllosen winzigen Fischlarven in den Meeren zu verfolgen und über den Wiederfang markierter Tiere ihre Herkunft zu bestimmen.

So hatten genetische Untersuchungen bei den Königs-Corvina (Cynoscion regalis) vor der Ostküste der USA keine Unterschiede ergeben. Die Tiere in den einzelnen Brackwasserzonen an den Mündungen großer Flüsse schienen alle einer Population anzugehören. Simon Thorrold und seine Kollegen von der Woods Hole Oceanographic Institution schauten sich das Reisetagebuch der kleinen Meeresfische jedoch etwas genauer an. Sie analysierten in Jungtieren die Gehörsteinchen (Otolithen), deren Calcium-Ablagerungen die chemische Zusammensetzung des umgebenden Wassers widerspiegeln und so eindeutig den Herkunftsort anzeigen. Zwei Jahre später fingen die Forscher in denselben Gebieten zweijährige Weibchen, die zum Laichen aus den Überwinterungsquartieren zurückgekehrt waren. Sie verglichen die chemischen Signaturen der Otolithen mit denen der Jungfische und stellten fest, dass auch Königs-Corvinen offenbar sehr heimatverbunden sind: 60 bis 81 Prozent der Tiere stammten selbst aus den Gewässern, die sie nun als Erwachsene wieder aufsuchten (Science vom 12. Januar 2001).

Wie die Fische ihren Heimweg finden, darüber können die Wissenschaftler vorerst nur spekulieren. Von Lachsen ist bekannt, dass sie Gerüche und andere Wegweiser benutzen. Ob auch Königs-Corvinen dazu in der Lage sind, weiß man noch nicht. Thorrold hält eine entsprechende Prägung der Jungtiere aber für möglich, da sie schließlich drei bis fünf Monate in ihren Geburtsgewässern verbringen, bevor sie sich auf den Weg nach Süden in die Winterquartiere machen. Vielleicht lernen sie den Weg und die Laichgründe aber auch durch die sozialen Kontakte innerhalb des Schwarms oder folgen einfach der Tradition, wie es beispielsweise für den atlantischen Hering vermutet wird.

Die Erkenntnisse sind vor allem auch für die Fischereiwirtschaft interessant. Denn falls die Tiere räumliche Vorlieben für bestimmte Laichplätze zeigen, hilft es nicht, nur einige Gebiete als Kinderstuben zu schützen, aus denen Jungtiere dann in gefährdete Populationen einwandern sollen.

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