Tierintelligenz: Heimlicher Hingucker
"Kann ich es wagen, ihn herauszufordern - oder lieber doch nicht? Vielleicht sollte ich erst einmal ein bisschen beobachten und versuchen herauszubekommen, bei welchem Gegner ich die besten Siegeschancen habe." - Zu berechnend für einen Fisch? Keineswegs!
Der Schwarzkehl-Maulbrüter Astatotilapia burtoni steht ganz schön unter Druck. Sein Revier im heimischen Tanganyika-See wird immer wieder zerstört, beispielsweise wenn Nilpferde hindurchtrampeln. Dann heißt es für den Fisch, die Grenzen neu festzulegen – und das bedeutet Kampf, und zwar Kampf mit enormem Erfolgsdruck. Denn verlieren die Männchen dieser Buntbarschart allzu oft gegen ihre Kontrahenten, verlieren sie ihr Territorium, steigen auf der sozialen Leiter ab und verlieren damit auch noch jegliche Hoffnung auf Vaterfreuden.
Ganz einfach, dachte sich Logan Grosenick von der Universität Stanford in Kalifornien: Der Fisch schaut anderen Männchen beim Kampf zu und leitet daraus ab, welche Männchen die schwächsten sind – das wären dann die viel versprechendsten Gegener.
Doch ist ein Fisch überhaupt zu solch kognitiven Leistungen fähig, anhand der Informationen, die er aus dem Kampf von jeweils zwei Artgenossen gewinnen kann, durch so genannte transitive Inferenz Rückschlüsse auf die Beziehung anderer Paarungen zu ziehen? Kinder sind zu solchen logischen Schlüssen erst im Alter von etwa vier bis fünf Jahren fähig, Primaten kriegen es auch hin und sogar manche Vögel – aber Fische?
"Diese Ergebnisse zeigen, dass Fische tatsächlich transitive Inferenz nutzen, um sich gezielt im sozialen Gefüge einzuordnen", sagt Studienleiter Russell Fernald. In ihrem natürlichen Lebensraum spart ihnen diese Fähigkeit einiges an Zeit und Mühe: Anstatt planlos einfach das nächstbeste Männchen zum Kampf herauszufordern, beobachtet der clevere Schwarzkehl-Maulbrüter erst einmal sorgfältig seine möglichen Gegner und tritt dann einfach nur gegen diejenigen an, bei denen er sich die größten Siegeschancen verspricht – und schont damit Nerven und Energie!
Will A. burtoni also stolzer Papa werden, ist er gut beraten, seine Gegner sorgfältig auszuwählen, schließlich erhöht ein schwacher Gegner die Siegeschancen. Je mehr Erfolge, umso höher steht das Männchen in der Rangordnung – die beste Garantie für reichen Kindersegen. Der clevere Fischmann hält also Ausschau nach Verlierern – doch wie sind die zu erkennen?
Ganz einfach, dachte sich Logan Grosenick von der Universität Stanford in Kalifornien: Der Fisch schaut anderen Männchen beim Kampf zu und leitet daraus ab, welche Männchen die schwächsten sind – das wären dann die viel versprechendsten Gegener.
Doch ist ein Fisch überhaupt zu solch kognitiven Leistungen fähig, anhand der Informationen, die er aus dem Kampf von jeweils zwei Artgenossen gewinnen kann, durch so genannte transitive Inferenz Rückschlüsse auf die Beziehung anderer Paarungen zu ziehen? Kinder sind zu solchen logischen Schlüssen erst im Alter von etwa vier bis fünf Jahren fähig, Primaten kriegen es auch hin und sogar manche Vögel – aber Fische?
Grosenick und seine Kollegen setzten deshalb jeweils ein Männchen der Schwarzkehl-Maulbrüter in ein Aquarium, von dem aus es immer wieder jeweils zwei anderen Männchen beim Kampf zusehen konnte. Die Wissenschaftler ließen dann erst Fisch A gegen Fisch B gewinnen, dann Fisch B gegen Fisch C, Fisch C gegen Fisch D, und schließlich besiegte Fisch D den Opponenten E. Daraus ergab sich die klare Rangordnung A über B über C über D über E. Der Unterlegene ist jeweils leicht zu erkennen: Er verliert vorübergehend seinen schwarzen Streifen zwischen den Augen, beim Gewinner hingegen bleibt er bestehen.
Nach dieser Lernphase wurde getestet, ob der Beobachter aus dem Gesehenen die Rangfolge ableiten können. Dazu setzten sie den Zuschauer zunächst einmal zusammen mit Fisch A (dem Ranghöchsten) und Fisch E (dem Rangniedrigsten) in ein Becken. In einer solchen Situation hält sich ein Schwarzkehl-Maulbrüter stets mehr in der Nähe des schwächeren Fisches auf, wie die Forscher aus früheren Untersuchungen wussten. Tatsächlich suchte der Testfisch in dieser Situation immer die Nähe von Fisch E – er hatte also klar erkannt, dass A über E stand. Das allerdings war auch keine allzu schwere Aufgabe, schließlich hatte der Zuschauer zuvor beobachtet, dass A immer gewann (gegen Fisch B) und E immer verlor (gegen Fisch D). Logisch, dass A als ewiger Sieger dann auch gegen den ewigen Verlierer E gewinnen würde.
"Diese Ergebnisse zeigen, dass Fische tatsächlich transitive Inferenz nutzen, um sich gezielt im sozialen Gefüge einzuordnen"
(Russell Fernald)
Nun folgte ein weitaus schwierigerer Test: Der Beobachter landete zusammen mit Fisch B und Fisch D in einem Becken. Würde er wissen, wer der Schwächere war, obwohl er diese beiden doch niemals gegeneinander hatte antreten sehen? In der Tat suchte der vormals Unbeteiligte die Nähe von Fisch D und mied den ranghöheren Nebenbuhler B. Schwarzkehl-Maulbrüter können also tatsächlich aus den einzelnen Kämpfen, denen sie passiv beiwohnten, auf die gesamte Rangfolge der beobachteten Tiere schließen. (Russell Fernald)
"Diese Ergebnisse zeigen, dass Fische tatsächlich transitive Inferenz nutzen, um sich gezielt im sozialen Gefüge einzuordnen", sagt Studienleiter Russell Fernald. In ihrem natürlichen Lebensraum spart ihnen diese Fähigkeit einiges an Zeit und Mühe: Anstatt planlos einfach das nächstbeste Männchen zum Kampf herauszufordern, beobachtet der clevere Schwarzkehl-Maulbrüter erst einmal sorgfältig seine möglichen Gegner und tritt dann einfach nur gegen diejenigen an, bei denen er sich die größten Siegeschancen verspricht – und schont damit Nerven und Energie!
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