Direkt zum Inhalt

Klimaforschung: Heinrich-Events in südlichen Gefilden

Während der letzten Eiszeit wurden immer wieder größere Mengen Süßwasser in den Nordatlantik eingetragen und beeinflussten dort das Klima und die Strömungen. Wie jedoch der südliche Ozean darauf reagierte, war bis jetzt immer noch unklar. Jetzt gibt es neue Hinweise östlich von Neuseeland.
Hartmut Heinrich entdeckte in den 1980er Jahren außergewöhnliche Schichten in marinen Ablagerungen des Nordatlantiks, die seitdem seinen Namen tragen. Sie entstanden während der letzten Eiszeit vor 70 000 bis 10 000 Jahren, als immer wieder Eisberge vom kanadischen Eisschild abbrachen und auf das offene Meer hinaus trieben.

Gesteinsschutt | Typische Gesteinspartikel aus einer Heinrich-Lage, die durch abschmelzende Eisberge an den Ort ihrer Ablagerung transportiert wurden.
Die Eismassen hobelten zuvor in der Gegend der heutigen Hudson-Bay Gesteinsschutt vom Untergrund ab und nahmen ihn als Ladung mit auf die Reise. Beim Abschmelzen entluden sie schließlich ihre Fracht, die dann zum Meeresboden sank. Acht Mal wiederholte sich nach heutigen Erkenntnissen dieser Vorgang, und deshalb finden sich auch acht Schichten in den marinen Sedimenten von der Labradorsee bis zu den Britischen Inseln.

Wissenschaftler spekulieren noch darüber, was die Heinrich-Events letztlich ausgelöst hat. Und auch die Folgen sorgen für Diskussion. So führten die abschmelzenden Eismassen dem Ozean außerdem große Mengen an Süßwasser zu, was sich wiederum gravierend auf den Salzgehalt und damit auf die Dichte des Meerwassers auswirkte. Neben der Temperatur ist die Dichte aber ein entscheidender Faktor, der die deshalb auch "thermohalin" genannte Zirkulation im Ozean beeinflusst. Große Mengen von Süßwasser können daher die Antriebskraft von Strömungen schwächen oder sogar gänzlich zum Stillstand bringen. Es wird vermutet, dass durch die stark gebremste Zirkulation auch der polwärts gerichtete Wärmetransport nach Europa weitgehend gestoppt wurde.

Die Heinrich-Events zeigen sich auch in Sedimenten des südwestlichen, äquatorialen und subtropischen Atlantik und dem arabischen Meer, sichtbar in Veränderungen chemischer und biologischer Bestandteile und auch aus der Antarktis sind Warmphasen bekannt, die genau mit den Heinrich-Events übereinstimmen.

Julian Sachs vom Massachusetts Institute of Technology und Robert Anderson von der Columbia Universität fanden jetzt heraus, dass die wiederholten Einträge von kaltem Süßwasser im subpolaren südlichen Ozean einen Auftrieb von nährstoffreichen Tiefenwassern bewirkten. Das dadurch erhöhte Nährstoffangebot führte offensichtlich zu einer Algenblüte.

Die Forscher untersuchten marine Sedimente aus der Gegend östlich von Neuseeland. Anhand von so genannten Biomarkern, Überreste von einst lebenden Organismen, konnten sie zeigen, dass sich die wiederholten Einträge von Süßwasser offensichtlich auch auf das Ökosystem im südlichen Ozean ausgewirkt hatte. Jedem Heinrich-Event konnten die Wissenschaftler eine Phase mit erhöhter Produktivität im Ozean zuordnen.

Diese Erkenntnisse liefern auch Informationen über mögliche Konsequenzen der aktuellen Klimaentwicklung. Eines scheint jetzt schon klar: Käme es im Zuge einer globalen Erwärmung zu einem verstärkten Einstrom von Süßwasser in den Nordatlantik und damit zum Stillstand der ozeanen Zirkulation, wäre für weite Teile Europas eine Abkühlung und keine Erwärmung die Folge.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.