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News: Heiße Flaute auf Jupiter

Jupiter gehört zu den Lieblingsobjekten der Hobbyastronomen. Selbst mit kleineren Teleskopen lassen sich bei guter Sicht dunkle Bänder sowie helle Zonen erkennen und mit Adleraugen sogar der ein oder andere Fleck. Doch womöglich verschwinden diese gewaltigen Wirbelstürme demnächst - um in ein paar Jahren wieder aufzutauchen.
Jupiter ist ein geschichtsträchtiger Planet. Als dritthellstes Objekt am Sternenhimmel – nach Mond und Venus – nahm er für die Menschen schon immer eine Sonderrolle ein. Keine Überraschung also, dass zahlreiche Besitzer der neuesten Erfindung mit Namen Fernrohr Anfang des 17. Jahrhunderts einen Blick auf den König der Planeten warfen. Darunter auch Galileo Galilei, dem 1610 die vier größten Jupitermonde auffielen – das empirisch begründete Aus für das überkommene ptolemäische Weltmodell war damit eingeläutet. Mehr als ein halbes Jahrhundert später fiel eine weitere Bastion des sicher geglaubten Wissens: Olaf Römer vermass die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Licht und wies damit nach, dass sie einen endlichen Wert hat. Geholfen haben ihm dabei wiederum die Jupitermonde, die in regelmäßigen Zyklen hinter dem Planeten verschwinden. Trennt Erde und Jupiter gerade eine große Distanz, so tritt die Mondverfinsterung später ein als Römer für geringe Abstände berechnet hatte. Der Unterschied von rund 1000 Sekunden, so folgerte er, muss darauf zurückzuführen sein, dass das Licht Zeit braucht, um die zusätzliche Strecke zurückzulegen. Volltreffer!

Dem strahlenden Revolutionshelfer einen Makel anzudichten, war darum sicher nicht die feine Art. Doch was sollte Giovanni Domenico Cassini machen, als er 1655 mit seinem Fernrohr einen Flecken auf dem Planetenscheibchen entdeckte? Niemand glaubte ihm so recht, und so dauerte es bis in das 19. Jahrhundert, bis Astronomen dank besserer Teleskope neben dem Großen Roten Fleck des Cassini noch weitere helle Flecken von geringeren Ausmaßen beobachteten. Sie alle sind nach heutigem Kenntnisstand gewaltige Wirbelstürme, die über Jahre hinweg toben. Als größtes Exemplar misst der Große Rote Fleck 14 000 Kilometer in der Breite und zwischen 30 000 und 40 000 Kilometer in der Länge – die Erde hätte gut dreimal darin Platz.

Aller Voraussicht nach wird der Große Rote Fleck den Jupiterfreunden noch lange erhalten bleiben, sagt nun Philip Marcus von der Universität von Kalifornien in Berkeley. Doch seine blasseren Verwandten könnten sich innerhalb der nächsten Jahre auflösen und damit eine Temperaturerhöhung in der Atmosphäre des Planeten bewirken. Marcus, dessen Spezialgebiet eigentlich die Strömungslehre ist, stützt seine Prognose auf ein Computermodell, das die Abläufe auf Jupiter nach den grundlegenden Gesetzen der Flüssigkeitsdynamik simuliert. Danach durchläuft das Klima einen 70-jährigen Zyklus, in dessen Verlauf Stürme und Temperaturverteilung einander in verschiedenen Phasen beeinflussen.

Den Anfang machen Wirbelreihen, an deren einen Seite sich Zyklone bilden, während auf der anderen Seite Antizyklonen mit entgegengesetzter Rotationsrichtung entstehen. Das letzte Mal ließ sich dieser Vorgang 1939 verfolgen, als südlich des Großen Roten Flecks drei weiße Ovale sichtbar wurden. In den Jahren 1997/1998 und 2000 verschwanden nacheinander zwei davon wieder. Aufgrund von Turbulenzen hatten sie so viel Schwung verloren, dass sie miteinander verschmolzen, was mit Marcus Worten "den Anfang vom Ende" des Klimazyklus signalisierte.

Bis dahin hatten die großen Wirbel nämlich für eine weitgehende Gleichverteilung der Wärme in der Atmosphäre gesorgt. "Schaltet man eine Reihe der Wirbel aus, verhindert man den Wärmefluss", so Marcus. "Dadurch entsteht eine Art große Mauer, die den Wärmetransport vom Äquator zu den Polen unterbindet." Um bis zu zehn Grad fallen die Temperaturen nach dem Modell an den Polen und steigen entsprechend am Äquator. Die Temperaturdifferenzen bringen aber ihrerseits die sonst gerade verlaufenden Strömungen ins Schwanken, wodurch sich wiederum neue Wirbel bilden, die schließlich anwachsen und einen neuen Zyklus initiieren.

Sollte Marcus Recht behalten, müssten die weißen Flecken auf dem Jupiter bald verschwunden sein und erst später wieder auftauchen. Allerdings ist ein wenig Geduld erforderlich, um diese Entwicklung mit dem eigenen Teleskop zu betrachten – zehn Jahre kann es schon noch dauern. Und selbst dann braucht man ein etwas größeres Amateurfernrohr, um die weißen Flecken zu erkennen. Wie gut, dass wenigstens der Große Rote Fleck dank seiner Äquatornähe stabil bleibt. So gibt es immer etwas zu sehen auf Jupiter.

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