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Heiße Tiefseequellen: Erstmals Höhlenbewohner in der Tiefsee aufgespürt

Nicht nur am Meeresboden um heiße Tiefseequellen leben seltsame Tiere - sondern auch darunter. Würmer und Muscheln siedeln auch in Hohlräumen der Erdkruste. Wie tief, weiß niemand.
Blick in eine aufgemeißelte Lavahöhle mit Röhrenwürmern.
Blick in einem vom Tauchroboter aufgemeißelten Hohlraum unter Lavaströmen mit Röhrenwürmern darin.

Lange dachte man, dass nur Mikroorganismen die ozeanische Kruste unterhalb des Meeresbodens besiedeln. Doch auch bestimmte Tiere können Hohlräume im Gestein zu ihrem Lebensraum machen, wie nun ein Expeditionsteam an Bord des Forschungsschiffs »Falkor (too)« des Schmidt Ocean Institute buchstäblich aufdeckte. Wie jetzt das Team um Monika Bright von der Universität Wien und Sabine Gollner vom Königlichen Niederländischen Institut für Meeresforschung berichtet, leben Röhrenwürmer und andere Tiere in Hohlräumen nahe bei untermeerischen vulkanischen Quellen. Laut der jetzt in der Fachzeitschrift »Nature Communications« erschienenen Veröffentlichung trägt wahrscheinlich im Gestein zirkulierendes Wasser die Larven der Organismen zu den Hohlräumen. Die Funde zeigen, dass die Ökosysteme der Oberfläche und der Tiefe verbunden sind, und dass die heißen Quellen eine größere Biomasse versorgen als bisher gedacht.

Das Team an Bord des Forschungsschiffs untersuchte den Ostpazifischen Rücken, einer Zone, an der zwei Erdplatten auseinanderdriften und bei Vulkanausbrüchen neuer Meeresboden entsteht. Im Untersuchungsgebiet brach zuletzt 2006 ein Vulkan aus, seither haben speziell angepasste Organismen die entstandenen heißen Quellen neu besiedelt. Diese besondere Lebensgemeinschaft besteht aus Röhrenwürmern, Muscheln, Krabben und anderen Tieren. Sie leben von Bakterien, die sich von den Schwefel- und metallreichen Wässern der heißen Quellen ernähren, oder sind gar eine Symbiose mit diesen eingegangen. Dass sie binnen kurzer Zeit ein komplett steriles Lavafeld neu besiedeln konnten, zeigt, dass sich ihre Larven effektiv über weite Strecken verbreiten. Womöglich jedoch trägt auch der unterirdische Lebensraum dazu bei.

Die Arbeitsgruppe ließ ein ferngesteuertes Unterwasserfahrzeug zu den Quellen in rund 2500 Metern Wassertiefe tauchen und dort Steine umdrehen. Genauer gesagt: die Gesteinswülste alter Lavaströme, unter denen sich Hohlräume verbergen. Unter den Lavaplatten fanden die Fachleute so mit bis zu 25 Grad warmen Wasser gefüllte, rund zehn Zentimeter messende Hohlräume. Um die Bedingungen in diesen Refugien zu erfassen, bohrte das Unterwasserfahrzeug zuerst Löcher, durch die das Team die Temperatur und Zusammensetzung des Wassers in den Hohlräumen maß. Dann drehte das Team den Stein um – oder meißelte den Hohlraum auf – und nahm die dort lebenden Tiere in Augenschein. Am häufigsten traf der Tauchroboter den Röhrenwurm Oasisia alvinae, aber auch Muscheln. Diese Tiere produzieren schwimmende Larven und leben in Symbiose mit Bakterien. Die Funde unter den Lavaplatten zeigen nicht nur, dass an den Quellen mehr Tiere leben als man dachte. Die unterirdischen Kammern könnten auch als Refugien bei Vulkanausbrüchen dienen und als geschützte Larven-U-Bahn den Tieren helfen, verwüstete Quellen schnell wieder zu besiedeln..

  • Quellen
Bright et al., Nature Communications 2024, 15:8466 10.1038/s41467–024–52631–9.

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