Röntgenastronomie: Heißer Halo um die Milchstraße
Lediglich vier Prozent des Universums sind für uns in Form von Materie sichtbar, und noch nicht einmal hier ist bekannt, wo all diese Materie steckt. Dies ist das Problem der "fehlenden" Baryonen, also Materie wie Protonen und Neutronen: Aus den Bedingungen, die im jungen Weltall herrschten, lässt sich berechnen, wie viele Baryonen es eigentlich geben müsste. Allerdings enthüllen Beobachtungen des heutigen Universums nur einen Teil dieser Materie – der Rest scheint zu fehlen.
Die Plasmawolke wurde im Temperaturbereich von rund einem bis 2,5 Millionen Grad Celsius untersucht. Das Gas absorbiert bestimmte Wellenlängen des Lichts, das von weit entfernten, energiereichen Quellen ausgesandt wurde. Bei diesen Temperaturen absorbiert es Strahlung im Röntgenbereich des elektromagnetischen Spektrums. Das NASA-Röntgenteleskop Chandra untersuchte den ionisierten Sauerstoff in der Plasmawolke und vermaß dabei zwei seiner Absorptionslinien. Eine Analyse dieser Linien erlaubte anschließend Rückschlüsse über die Ausmaße und Masse der Wolke.
Natürlich mussten die Forscher dabei mehrere Annahmen zu Grunde legen, beispielsweise, wie viel ionisierter Sauerstoff in der Wolke wirklich vorhanden ist, oder dass es sich um gleichförmig verteilte Materie in einem kugelförmigen Halo handelt. Unter diesen Bedingungen ergibt sich für das heiße Gas ein Radius von mehr als 300 000 Lichtjahren und eine Gesamtmasse von mehr als zehn Milliarden Sonnenmassen. Das entspricht der Größenordnung der Masse der galaktischen Scheibe.
Angesichts von Messunsicherheiten ist es allerdings durchaus möglich, dass der Halo nicht nur um die Milchstraße verteilt ist. Stattdessen könnte er sich über die gesamte Lokale Gruppe erstrecken – derjenigen Galaxiengruppe, zu der auch die Galaxis gehört. Obwohl die Masse dieses Plasmas insgesamt sehr groß ist, ist seine Dichte doch so gering, dass ähnliche Halos von heißem Gas um andere Galaxien bisher unentdeckt geblieben sind. Es ist also durchaus möglich, dass sich die fehlenden Baryonen in diesen Plasmawolken verbergen.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.