Rekorde der Biologie: Hektarbreiter Monsterpilz ist noch älter und schwerer
Das vielleicht zweitgrößte Lebewesen der Welt – ein Armillaria-gallica-Pilz in Michigan, über den Forscher in den 1980er Jahren zufällig gestolpert sind – ist viermal so schwer und doppelt so alt wie zuerst gedacht und wächst außerdem fleißig weiter. Das meinen Pilzforscher nach genetischen Untersuchungen vor Ort in einer Studie auf dem bioXiv-Vorveröffentlichungserver. Das auf dem Wurzelgeflecht von Bäumen und Sträuchern schmarotzend anwachsende unterirdische Pilzgeflecht wiegt insgesamt wohl etwa 4 mal 105 Kilogramm und bringt zur Saison unzählige Fruchtkörper des Fleischfarbenen Hallimasch hervor.
Die Forscher um James Anderson von der University of Toronto hatten 245 Proben aus unterschiedlichen Stellen des dutzende Hektar Waldboden durchziehenden Riesenpilznetzwerks genommen, um herauszufinden, ob es sich dabei wirklich um ein Individuum handelt, das sich seit vielen Generationen immer weiter klont. Dies bestätigte sich im Labor – zudem kann man auf der Grundlage der typischen Wachstumsgeschwindigkeit der Pilzhyphen schließen, dass der Pilz wohl mindestens 2500 Jahre alt ist.
Minimale Genveränderungen zwischen einzelnen Proben lassen außerdem Rückschlüsse auf die Mutationsgeschwindigkeit zu: Offenbar verändert sich das Genom des Individuums extrem langsam. Dies könnte mit ausgefeilten DNA-Reparaturmechanismen zu tun haben oder mit der Tatsache, dass die unterirdischen Zellen keiner mutagenen UV-Strahlung ausgesetzt sind.
Über die tatsächlich Größe des Exemplares – bei Hallimaschen im deutschsprachigen Raum übrigens in der Einheit Helgoland angegeben – herrscht eine gewisse Unsicherheit. Das Exemplar in Michigan galt lange als größtes Lebewesen der Erde, bis ein Hallimasch in Oregon diesen inoffiziellen Titel vorerst übernahm. Dieser aktuelle Spitzenreiter ist nach derzeitiger Schätzung 8000 Jahre alt und überspannt mit wohl knapp 970 Hektar gut zwei Helgolands Waldboden. Hallimasche sind gefährliche Parasiten vieler Laub- und Nadelbäume und können in der Forstwirtschaft und in Obstplantagen große Schäden anrichten. Sie wachsen myzelartig zwischen Rinde und Holzteil und verbreiten sich durch millimeterdicke und meterlange Stränge von Baum zu Baum und über Wurzeln. Befallenen Pflanzen werden Nährstoffe entzogen, bis sie absterben, danach baut der Pilz das tote Holz weiter ab.
Vielen Dank für einige Leserzuschriften, die geholfen haben, einen Fehler in einer früheren Version des Textes zu korrigieren: Die Hallimaschausdehnungsumrechnung in die Einheit Helgoland kommt nun deutlich korrekter hin als zuvor. Zudem ist nun verdeutlicht worden, dass die aktuelle Studie vor allem das Gewicht des Pilzes schätzt – und bezüglich der tatsächlichen Ausdehnung keine Spekulationen über ein vages »viel größer als gedacht« hinaus anstellt. (jo/Redaktion)
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