Direkt zum Inhalt

News: Helicobacter pylori besiedelt die Hälfte der Weltbevölkerung

Es hat sich herumgesprochen, daß Helicobacter pylori eine der Hauptursachen für Magen- und Darmgeschwüre sind. Ulmer Forscher haben untersucht, auf welchem Wege das Bakterium in den Verdauungstrakt gelangt. Nach ihren Erkenntnissen stecken sich die meisten Kinder bei der eigenen Mutter an.
Seit australische Forscher ihn 1983 im menschlichen Magen entdeckten, hat Helicobacter pylori „weite Bereiche der Medizin geradezu revolutioniert”, urteilt Prof. Dr. Hermann Brenner, Leiter der Abteilung Epidemiologie der Universität Ulm. Er wurde gemeinsam mit Dr. Dietrich Rothenbacher (Abteilung Epidemiologie), PD Dr. Günter Bode (Abteilung Innere Medizin I) und Prof. Dr. Guido Adler (ärztlicher Direktor der Abteilung Innere Medizin I) am 13. November 1997 von der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie mit deren Forschungspreis 1997 ausgezeichnet. Prämiiert wurde damit eine Studie, die zur Epidemiologie dieses Bakteriums wichtige, teilweise überraschende Erkenntnisse beigetragen hat.

H. pylori haust im Magen, der bis zu der Entdeckung dieses Bakteriums als keimfrei galt. Es entpuppte sich als wichtigste Ursache von Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren, und es wird vermutet, daß es an der Bildung von Magenkrebs beteiligt ist. Inzwischen ist auch sein Einfluß auf weitere chronische Erkrankungen, unter anderem des Herz-Kreislauf-Systems, nachgewiesen.

Im Kindessalter erworben

Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung, schätzen die Epidemiologen, ist mit H. pylori infiziert, wobei die sich die Erkrankungsraten im internationalen Vergleich stark unterscheiden. Vieles spricht dafür, daß die Infektion überwiegend im Kindesalter erworben wird. Was die Verbreitung des Magenkeims in Deutschland betrifft, so lagen kaum gesicherte Daten vor, bis Brenner und Kollegen 1996 in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt Ulm die weltweit bislang größte Studie zu Verbreitung, Risikofaktoren, Übertragungswegen und klinischen Folgen der Helicobacter pylori-Infektion im Kindesalter auflegten – als Teil eines umfassenden Untersuchungsprogramms zur Verbreitung der Infektion in verschiedenen Bevölkerungsgruppen.

Rund 80 Prozent aller Ulmer Erstkläßler (945 von 1201) wurden im Rahmen der Einschulungsuntersuchungen per Atemprobe auf H. pylori getestet. Ergänzend beantworteten die Eltern einen standardisierten Fragebogen zu möglichen Risikofaktoren und Infektionsquellen. Die – vollständig anonymisierte – Auswertung der Daten erfolgte an der Universität Ulm. Knapp eins von sieben Vorschulkindern (13,4%) ist der Ulmer Studie zufolge Keimträger. Dabei traten erhebliche Differenzen je nach Geburtsland und Nationalität auf. Kinder, die bereits eine Antibiotika-Behandlung hinter sich hatten (z.B. wegen Mittelohrentzündung oder anderen bakteriellen Infekten), erwiesen sich signifikant seltener als Heliobacter pylori-positiv. Beschwerden bereitet das Bakterium im Kindesalter offenkundig nicht, im Gegenteil: Mit Helicobacter infizierte Kinder klagten seltener über Bauchschmerzen, Durchfall oder Erbrechen als nichtinfizierte.

Vor allem die Mutter

Königsweg der Helicobacter-Verbreitung scheint die Übertragung innerhalb der Familie, insbesondere von der Mutter auf das Kind, zu sein – ein Resultat, das sich mittlerweile in einer Folgestudie eindrucksvoll bestätigte. So waren Kinder von Müttern, die an einem Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwür litten (und bei denen nach derzeitigem Kenntnisstand fast immer eine H. pylori-Infektion vorliegt), fast zwölfmal häufiger infiziert als andere. Haustiere dagegen tragen, entgegen verbreiteter Vermutung, zur Ausbreitung des Keims zumindest hierzulande offenbar nicht bei. Auch auf ein erhöhtes Ansteckungsrisiko im Kinderhort oder Kindergarten ergaben sich keine Hinweise.

Den Erfolg ihrer aufschlußreichen Studie, betonen die preisgekrönten Forscher, schulden sie wesentlich der ausgezeichneten Kooperation des Gesundheitsamtes Ulm und der aktiven Mitwirkungsbereitschaft der Ulmer Vorschulkinder und ihrer Eltern.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.