Laserphysik: Helle Röntgenblitze aus dem Labor
Forscher um Tenio Popmintchev von der University of Colorado in Boulder haben langwelliges in kurzwelliges Licht umgewandelt und so einen laserähnlichen Röntgenstrahl im Labor erzeugt. Das Spektrum der generierten Strahlung deckt einen breiten Energiebereich ab und eigne sich daher für viele verschiedene Anwendungen von der Materialwissenschaft bis zur Medizin. Ähnliche Röntgenstrahlen ließen sich bisher nur in großen Teilchenbeschleunigern erzeugen, so die Wissenschaftler.
Als Energiequelle dient dem Forscherteam ein infraroter Laser mit einer Wellenlänge von vier Mikrometern. Dessen ultrakurze Lichtpulse schickt es in einen Hohlwellenleiter, der mit Helium unter hohem Druck gefüllt ist. Das starke elektromagnetische Feld des Laserpulses ionisiert die Gasatome. Die freigesetzten Elektronen werden im elektrischen Feld des Lasers zunächst vom Ion weg beschleunigt, kehren – wenn das vom Laserpuls getragene elektrische Feld sein Vorzeichen ändert – aber zu ihrem Ion zurück und können dort rekombinieren, also etwa wieder ihren Grundzustand im Atom einnehmen. Dabei wird die kinetische Energie der Elementarteilchen in Form von Photonen abgegeben, deren Frequenz ein Vielfaches derjenigen der eingestrahlten Strahlung beträgt. Um mit dieser Methode ein energiereiches Röntgenphoton zu erzeugen, seien über 5000 Infrarotphotonen niederer Energie nötig, berichten die Wissenschaftler.
Durch die experimentellen Randbedingungen – die eingestrahlte Wellenlänge, den Gasdruck oder Aufbau – sorgten Popmintchev und seine Kollegen nun dafür, dass sich die Röntgenwellen aus den einzelnen Gasatomen konstruktiv überlagern. Im resultierenden Röntgenstrahl schwingen alle Wellen gemeinsam im Takt, sie sind kohärent, genau wie in einem Laserstrahl. Im Gegensatz dazu setzt sich die neue Lichtquelle aus Photonen unterschiedlicher Energie zusammen – vom ultravioletten bis hin zum Röntgenbereich. "Unsere kohärente Lichtquelle weist von allen je erzeugten die weiteste spektrale Bandbreite auf", sagt Teammitglied Henry Kapteyn von der University of Colorado.
"Die Röntgenstrahlung ermöglicht höchst präzise Spektroskopie, die man etwa für die Erforschung von Materialien, für die Weiterentwicklung von Elektronik oder zur Analyse von Biomolekülen einsetzen kann", sagt Koautor Audrius Pugzlys von der TU Wien. Anders als Synchrotronstrahlung aus Teilchenbeschleunigern passt die neue Röntgenlichtquelle auf einen großen Labortisch. Dennoch liefere ein Synchrotron noch immer viel mehr Photonen pro Sekunde als der nun erzeugte Strahl.
In ihren Experimenten erreichten die Wissenschaftler maximal Wellenlängen von etwa 0,8 Nanometern, was einer Photonenenergie von 1,6 Kiloelektronenvolt entspricht. Trotz des derzeitigen Rekords für solche Lichtquellen: Extrem hochenergetische harte Röntgenstrahlung lässt sich damit noch nicht erzeugen. Die Grenze bei der Synchrotronstrahlung aus Freie-Elektronen-Lasern liegt derzeit bei 0,15 Nanometer.
Die Idee, mehrere Photonen niederer Energie in ein Photon mit höherer Energie umzuwandeln, existiert bereits seit mehr als fünfzig Jahren: 1961 gelang es, aus zwei Photonen eines rot strahlenden Rubinlasers ein einzelnes blaues Photon zu erzeugen. Ein großes Manko der Methode lag bisher vor allem darin, dass die damit gewonnene Röntgenstrahlung in den meisten Wellenlängen extrem schwach war. Derzeit arbeitet die Gruppe um Popmintchev daran, die Laserpulse in kürzeren Zeitabständen feuern zu können, dadurch ließe sich die mittlere Strahlintensität noch deutlich erhöhen.
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