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Sternentstehung: Herschel findet die jüngsten Protosterne

Eine Gruppe von Astronomen unter der Leitung von Amelia Stutz vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg hat das Herschel Space-Teleskop und das Submillimeter-Teleskop APEX genutzt, um die jüngsten bislang bekannten Protosterne zu entdecken und zu charakterisieren: stellare Embryos, die tief in dichte Staubkokons eingebettet sind. Die Entdeckung verspricht neue Einblicke in die frühesten Stadien der Sternentwicklung, und damit auch Aufschluss über die Entstehung unseres eigenen Heimatsterns, der Sonne.
Protosterne im Orion-Nebel

Sterne werden im Verborgenen geboren: hinter Staubschichten, tief im Inneren der Molekülwolken, aus deren Kollaps sie entstehen. Je jünger ein zukünftiger Stern ("Protostern") ist, desto schwieriger ist es, ihn zu beobachten. In den letzten Jahren haben sich Astronomengruppen mit Hilfe immer höher entwickelter Infrarottechnologie einen regelrechten Wettlauf geliefert, Protosterne in immer früheren Entwicklungsstadien zu entdecken. Jetzt hat eine Gruppe von Astronomen das Weltraumteleskop Herschel und das Submillimeter-Teleskop APEX genutzt, um die jüngsten bislang bekannten Protosterne zu entdecken und zu charakterisieren.

Einer der beteiligten Astronomen, Tom Megeath von der University of Toledo, Ohio, erinnert sich: "Die Entdeckung war ein echter Glücksfall. Ich hatte mir Bilder angesehen, die mit den Weltraumteleskopen Spitzer und Herschel aufgenommen wurden und einen kürzlich entdeckten interessanten Protostern in Orion zeigten, dessen Leuchtkraft sich mit der Zeit ändert. Auf dem ersten Herschel-Bild, das ich mir ansah, war dieser Protostern deutlich zu sehen – aber direkt daneben fand sich überraschenderweise noch ein weiteres Objekt, das auf den Bildern des Spitzer-Teleskops schlichtweg fehlte."

Dass das Objekt auf den Spitzer-Bildern nicht zu sehen war, hängt damit zusammen, dass Spitzer bei kürzeren Wellenlängen beobachtet als Herschel. Dass ein Objekt bei längeren Wellenlängen hell leuchtet, bei kürzeren dagegen unsichtbar ist, gibt Physikern Hinweise auf seine Temperatur. Menschen zum Beispiel emittieren durch ihre Körpertemperatur von etwa 37 Grad Celsius infrarotes, aber kein sichtbares Licht. Die Unsichtbarkeit auf den Spitzer-Bildern legte nahe, dass es sich bei dem Objekt auf dem Herschel-Bild um einen außergewöhnlich kalten Protostern handeln könnte. Das waren aufregende Aussichten, denn bei so geringen Temperaturen müsste es sich um einen Protostern in einem viel früheren Entwicklungsstadium handeln, als es jemals zuvor beobachtet worden war.

Nach dieser ersten vielversprechenden Entdeckung durchkämmte Amelia Stutz vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg sorgfältig die Orion-Daten, um zu sehen, ob sich weitere Exemplare solcher Objekte aufspüren ließen. Am Ende kam sie auf insgesamt 55 solcher anscheinend sehr kalten Objekte.

Aber das Universum hat einen zusätzlichen Trick auf Lager. Sehr weit entfernte kosmische Objekte erscheinen "rotverschoben" – auf Grund der kosmischen Expansion werden die Wellenlängen ihres Lichts gestreckt. Das kann dazu führen, dass eine sehr weit entfernte gewöhnliche Galaxie so ähnlich aussieht wie ein sehr kalter, aber ungleich näherer Protostern. Um die echten Protosterne ausfindig machen, musste das Team auf Daten des APEX-Teleskops zurück. Es empfängt noch langwelligeres Licht als Herschel. Die APEX-Antenne befindet sich in der Atacama-Wüste in Chile und wird von der Europäischen Südsternwarte (ESO) betrieben.

Mit den kombinierten Daten und durch sorgfältigen Vergleich ihrer Beobachtungen mit physikalischen Modellen von Protosternen und ähnlichen Objekten reduzierten Stutz und ihre Kollegen ihre Liste auf 15 zuverlässig identifizierte neue Protosterne. Die rötesten Quellen tauften sie nach dem Herschel-Instrument PACS, mit dem diese Entdeckungen gelungen waren, "PACS Bright Red Sources" (kurz PBRS). Diese Quellen waren aufgrund ihrer geringen Temperatur vom Spitzer-Teleskop nicht als Protosterne zu identifizieren gewesen – einige von ihnen sind auf den Spitzer-Bildern einfach unsichtbar.

Den Analysen von Stutz und ihren Kollegen nach sind dies die jüngsten Protosterne, die bislang beobachtet wurden: staubige Gashüllen mit Massen zwischen 0,2- bis 2-Mal der Sonnenmasse, die von einem tief im Inneren eingebetteten Protostern auf etwa –250 Grad Celsius (20 Kelvin) aufgeheizt werden.

In den frühesten Stadien sammelt der Protostern den Großteil seiner Masse an. Aber diese Stadien lassen sich gleichzeitig am schwierigsten beobachten. Bislang konnten die Theoretiker die Vorhersagen ihrer Sternentstehungsmodelle nicht direkt mit Beobachtungen vergleichen.

Die Astronomengruppe um Stutz hat bereits die nächsten Schritte eingeleitet. Das sind zum einen Nachfolgebeobachtungen mit Herschel an acht der PBRS, um nach Spuren von Gas-Ausflüssen zu suchen, die für diese frühen Prototypen vorhergesagt wurden. Zum anderen wollen sie mit dem Green-Bank-Radioteleskop Licht bei Wellenlängen empfangen, die für dichtere Ansammlungen von Gasmolekülen charakteristisch sind. Zusätzlich hoffen die Astronomen auf Beobachtungszeit an ALMA, dem Netz aus Submillimeter-Antennen, das sich zur Zeit noch in der Atacama-Wüste im Aufbau befindet: ALMA sollte in der Lage sein, feinere Details der Hüllen darzustellen und genauere Messungen ihrer Dichte zulassen.

Stutz fasst zusammen: "Es ist immer aufregend, neue Arten von Objekten wie unsere PBRS zu finden – insbesondere dann, wenn sie Informationen über etwas so Fundamentales wie die Geburt von Sternen versprechen. Sowohl unsere Entdeckung als auch das Potential für weitergehende Beobachtungen zeigt, dass dies interessante Zeiten für Astronomen sind. Diese Quellen konnten wir nur mit Herschel entdecken. Und nur mit ALMA ist es möglich, sie im Detail zu untersuchen."

MPIA / red.

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