Medizin: Herzzellen erneuern sich
Durch Kernreaktionen entsteht in der oberen Atmosphäre unablässig in geringem Umfang das Kohlenstoffisotop 14C, auch Radiokohlenstoff genannt. Bei Atombombentests während des Kalten Kriegs gelangten allerdings große Mengen davon zusätzlich in die Lufthülle. Die 14C-Konzentration in der Atmosphäre erreichte deshalb Mitte der 1960er Jahre ein Maximum und sank danach wieder ab.
Auf der Basis dieses Faktums konnten Wissenschaftler um Olaf Bergmann vom Karolinska Institut in Stockholm nun zeigen, dass sich Herzmuskelzellen beim Menschen langsam aber stetig erneuern. Geschähe das nicht, bliebe die 14C-Konzentration in der Erbsubstanz von Personen, die während der Atomtests zur Welt kamen, nämlich zeitlebens auf konstant hohem Niveau. Doch das ist, wie die Forscher feststellten, nicht der Fall. Demnach haben sich die Zellen langsam erneuert, als der 14C-Gehalt der Atmosphäre wieder gesunken war. Bei Probanden, die vor den Tests geboren wurden, fand sich hingegen eine höhere 14C-Konzentration als erwartet. Auch das spricht für eine Regeneration: Die später gebildeten Herzzellen müssen das nach den Atomtests in größerer Menge vorhandene 14C vermehrt in ihre DNA eingebaut haben.
Bergmann und seine Kollegen errechneten aus ihren Daten, dass bei einem 25jährigen etwa ein Prozent der Herzmuskelzellen jährlich erneuert werden. Bei einem 75jährigen sind es dagegen nur noch 0,45 Prozent. Bislang war nicht klar, ob eine solche Regeneration überhaupt stattfindet. Bei einem Herzinfarkt werden die verloren Herzellen jedenfalls nicht nachgebildet, sondern durch Bindegewebszellen ersetzt. Für eine Therapie käme es in diesem Fall darauf an, die nun entdeckte natürliche Erneuerung künstlich stark zu beschleunigen.
Jochen Steiner
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