HIV und Aids: HI-Virus infiziert Knochenzellen
HIV-Infektionen kann man bis heute nicht endgültig heilen, weil das Virus sich in verschiedenen Rückzugsräumen des Körpers auch hochwirksamen Medikamenten und der Körperabwehr entziehen kann. So überleben stets einige Erreger jahrelang unentdeckt im Körper – und können jederzeit wieder ausbrechen, sich vermehren und die Infektion erneut aufleben lassen. Als einen möglichen derartigen Rückzugsraum haben Forscher schon lange die Zellen der Knochen verdächtigt – zu Recht, wie nun ein Team von Medizinern in "PNAS" zusammenfasst: Das HIV-1 kann von Immunzellen in Knochenzellen wechseln, vermehrt sich darin und bildet dort womöglich mit Wirkstoffen nur schwer erreichbare Reserven.
Die Forscher hatten HIV-1 in Osteoklasten von infizierten Mäusen gefunden, den abbauenden Zellen des Knochengewebes. Zudem beobachteten sie, dass das Virus sich auch in Kulturen von menschlichen Synovialzellen vermehrt; den Epithelzellen, die in Gelenken Knochenpartien auskleiden. Die Erreger sind auf diesem Weg wohl in der Lage, aus ihren Hauptzielzellen, den T-Zellen der Körperabwehr, in die im Knochen aktiven Osteoklasten zu wandern. Darin vermehren sie sich dann, ohne größere Schäden in der Zelle anzurichten. Sie verändern aber wohl die Aktivität der Osteoklasten: Infizierte Zellen resorbieren größere Mengen an Knochengewebe, weil das virale Nef-Proteinsignal das Osteoklasten-Protein Src stimuliert. Src fungiert als eine Art Gaspedal der Knochen abbauenden Zellen.
Die Befunde sind eine weitere Erklärung dafür, warum viele HIV-1-Patienten unter Knochenschwund leiden: Mit zunehmendem Alter kommt es auch bei gut therapierten Betroffenen immer häufiger zu Knochenerkrankungen, Skelett-Stoffwechselstörungen und erhöhter Gebrechlichkeit. Bisher erklärten Mediziner sich das mit Nebenwirkungen der antiretroviralen Medikamente, die den Knochen nachweislich auch direkt angreifen. Offenbar sind im Knochen versteckte HI-Viren aber für die Symptome mitverantwortlich, meinen die Forscher nun: Dieses Virenversteck anzugreifen, dürfte sich demnach langfristig lohnen.
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