Trinkwasser: Hightech-Schwamm fängt Schwermetall ab
Nicht überall ist ein Schluck aus dem Wasserhahn so unbedenklich wie hier zu Lande – schuld sind oft unsere Schuhe. Wo Leder gegerbt wird, enthält das Trinkwasser große Mengen giftiger Chromverbindungen. Ein schwammartiges Material, wegen seines besonderen Aufbaus als metal-organic framework (MOF) bezeichnet, soll nun Abhilfe schaffen, schreibt ein Team um die Chemikerin Wendy Queen von der Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne.
Mit seiner enormen inneren Oberfläche fängt der von dem Team entwickelte Stoff das Schwermetall ab, schreibt die Gruppe im »Journal of Materials Chemistry A«. Doch das Material kann noch mehr: Wird es mit Licht bestrahlt, gibt es Elektronen an die Chromionen ab und wandelt sie in eine unschädliche Form um. Leitet man mit giftigen Chromverbindungen belastetes Wasser durch beleuchtete, MOF-befüllte Glassäulen, könne es wieder trinkbar werden, berichtet das Team.
Chromverbindungen sind keineswegs immer gefährlich – im Gegenteil. Sie kommen natürlicherweise in Böden, Pflanzen, Tieren und damit auch im Grundwasser vor. In seiner dreiwertigen Oxidationsstufe ist Chrom relativ ungiftig, es ist sogar ein wichtiges Spurenelement. Wir brauchen es etwa für unseren Glukose-, Lipid- und Proteinstoffwechsel. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt Erwachsenen darum, täglich 30 bis 100 Mikrogramm Chrom zu sich zu nehmen. Gute Quellen sind beispielsweise Fleisch, Meeresfrüchte, Eier und Nüsse.
Ganz anders steht es mit der sechswertigen Form des Metalls, die sich vom dreiwertigen Chrom nur durch drei fehlende Elektronen unterscheidet: Diese Verbindungen, als Chromate bezeichnet, können das Erbgut von Menschen und Tieren verändern und so Krebs verursachen. Für Wasserorganismen und Pflanzen sind sie ebenfalls sehr giftig. Überall auf der Welt bedrohen solche Chromate die Gesundheit von fünf Millionen Menschen. Auch aus Fabriken, Deponien oder Müllverbrennungsanlagen können die Krebs erregenden Stoffe ins Grundwasser gelangen. Im Jahr 2016 hat das Toxic Sites Identification Program weltweit 300 Orte ausgemacht, an denen Chrom die Gesundheit der Bevölkerung bedroht.
Zuvor hatte das Team um Queen bereits MOFs entwickelt, die andere Schwermetalle wie Gold, Quecksilber oder Blei an sich binden. Jetzt wollten die Forscher ein Material herstellen, das speziell Chrom(VI)-Verbindungen aus Lösungen filtert und sie mit Hilfe von Licht zu Chrom(III) reduziert – also ihnen die drei fehlenden Elektronen wiedergibt. Diese chemische Reaktion, eine Fotokatalyse, erledigen Stickstoffverbindungen, die Licht im sichtbaren Bereich absorbieren und so Elektronen mobil machen. Jene Molekülgruppen sind an einem Grundgerüst befestigt, das in seinen Poren möglichst viel Chrom bindet.
Zwar gibt es schon diverse Methoden, um Chrom aus dem Trinkwasser zu filtern. Die verwendeten Materialien seien jedoch sehr empfindlich, etwa für pH-Schwankungen oder andere Chemikalien. Zudem könnten sie oft lediglich geringe Mengen Chrom binden oder seien relativ teuer, schreiben die Forscher. Ein Kilogramm der MOFs koste hingegen nur zirka 14 Euro. Bereits ein Gramm davon könne rund 200 Milligramm Chrom extrahieren. Zugleich fielen dank der Umwandlung des Chroms keine giftigen Abfälle an. Laut dem Forscherteam ist dies das erste Konzept, bei dem Chrom(VI)-Verbindungen zugleich abgefangen und umgewandelt werden. Im nächsten Schritt will das Team das Verfahren im größeren Maßstab testen.
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