News: Hilfe für Selen-kontaminierte Böden in Sicht
In hohen Konzentrationen ist Selen extrem toxisch und karzinogen. Beim Menschen kann die Aufnahme von bereits 3000 µg Selen pro Tag zu Leberzirrhose, Haarausfall (Schädigung der Haarfollikelzellen) und Herzmuskelschwäche führen. Der Tod wilder Vögel durch Vergiftung im Kesterson Reservoir im San Joaquin Valley in den frühen achtziger Jahren wurde auf Selen im Bewässerungswasser zurückgeführt. Dieser Vorfall demonstrierte auf eindrucksvolle Weise, wie intensive landwirtschaftliche Nutzung zur Akkumulation von hohen und potentiell tödlichen Konzentrationen von Selen und anderen Spurenmineralen in Böden und Sedimenten führen kann.
Die „Selbstreinigung“ Selen-kontaminierter Böden wurde lange in direktem Zusammenhang mit mikrobieller Aktivität gesehen. Je nach Art und Intensität der mikrobiellen Aktivität wird das lösliche, chemisch aktive Selen zu elementarem Selen reduziert. Elementares Selen ist wasserunlöslich, und somit ist die Gefahr, daß es aus dem Boden in die Nahrungskette oder ins Grundwasser gelangt, weitaus geringer.
Eine Laborstudie unter der Leitung von Satish Myneni vom Berkeley Lab's Earth Sciences Division zeigte jetzt, daß die grünen Eisenoxide denselben Effekt haben wie die Mikroorganismen: Sie reduzieren das lösliche Selen. „Wir haben gezeigt, daß in Sedimenten und Böden eine Selen-Umwandlung ohne Bakterien über einen anderen Mechanismus stattfinden kann“, sagt Myneni.
An der Studie mitgearbeitet haben Tetsu Tokunaga, ebenfalls vom Berkeley Lab's Earth Sciences Division, und Gordon Brown Jr., vom Stanford Synchrotron Radiation Laboratory (SSRL).
Myneni und seine Kollegen schlagen zwar keine Sanierungsmaßnahmen für Selen-kontaminierte Böden auf der Basis grüner Eisenoxide vor; künftige Säuberungsaktionen und Maßnahmen für den Umweltschutz hängen jedoch von einem gründlichen Verständnis der zugrundeliegenden chemischen Vorgänge und geochemischen Kreisläufe ab. Darüber hinaus gelten die Umwandlungsreaktionen durch diese Eisenoxide, wie sie für Selen nachgewiesen wurden, auch für andere Bodenverunreinigungen wie Chrom und Chlorkohlenwasserstoffe.
Ein Schlüssel für ihre Erkenntnisse war, daß die Selen-Umwandlungsreaktionen unter Sauerstoffmangel stattfinden, der beispielsweise im Sediment eines Sees vorherrscht. In diesem Milieu bilden sich auch die grünen Eisenoxide. Myneni und seine Kollegen sind nun dabei, Boden- und Sedimentproben zu analysieren, die an Selen-kontaminierten Orten genommen wurden, um die Existenz der grünen Eisenverbindungen nachzuweisen.
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