Koevolution: Hilfe von den unterirdischen Nachbarn
Die Rolle des Opfers ist für Pflanzen nicht neu. Kein Wunder, dass sie in Jahrmillionen eine Vielzahl an Abwehrstrategien entwickelt haben, um eine weniger leichte und bekömmliche Beute abzugeben. Mit dornenbewehrten Zweigen oder Gift- und Bitterstoffen, die sie in Blätter einlagern, ist allerdings erst die halbe Geschichte erzählt. Unter der Erde operieren die grünen Wesen noch trickreicher.
Als sich früher auf dem Schulhof Ärger mit einer rauflustigen Übermacht zusammen braute, war es keine schlechte Taktik, sich rechtzeitig zu verdünnisieren. Wenn es dazu zu spät war, konnten sich jene glücklich schätzen, die einen großen Bruder oder Cousin zu Hilfe rufen konnten. In einer auswegloseren Situation scheinen da Pflanzen zu sein, die einer Meute von Fraßschädlingen ausgesetzt sind. Davonlaufen geht nun mal nicht. Und wer sollte ein potenzieller Retter sein? Die Pflanzen haben eine Antwort gefunden: Die herbei zitierten Helfer sind zwar nur einige Millimeter groß, erscheinen dafür aber in rauhen Mengen.
Schon vor einigen Jahren wurde bei mehreren Gewächsarten beobachtet, dass sie, wenn Raupen an ihren Blättern knabbern, eine flüchtige Verbindung freisetzen. Diese rekrutiert die natürlichen Feinde der Fressmaschinen – Wespen. Die Gelbschwarzen surren herbei und befreien die Pflanze – dabei natürlich ganz eigene Interessen verfolgend – von der Plage. Der Feind des Feindes ist also ein Freund.
Der Westliche Maiswurzelbohrer ist nun nicht irgendwer. International gilt er als der bedeutendste Maisschädling. In seiner Heimat, den USA, richtet er einen enormen landwirtschaftlichen Schaden an. Die jährlichen Kosten werden, zusammen mit denen für seine Bekämpfung, auf etwa eine Milliarde Dollar beziffert. Vor gut zehn Jahren gelangte er per Flugzeug nach Bosnien und befindet sich seitdem auch in Europa auf dem Vormarsch.
Das Grassieren der Käferplage in der Neuen Welt hat gute Gründe, wie die Wissenschaftler um Jonathan Gershenzon und Ted Turlings herausfanden. Die in Nordamerika angepflanzten Maissorten haben durch Jahrzehnte lange Züchtung und den massiven Einsatz von Insektiziden, die Fähigkeit verloren, den hilfreichen Lockstoff herzustellen. Dies sei nicht überraschend, so die Autoren, da die Selektion in der konventionellen Züchtung auf maximalen Ertrag ausgehe. Wenn ein Befall mit den Schädlingen stattfindet, kann der Landwirt die Ernte durch Sprühen eines Pestizids immer noch retten. Dagegen hat die europäische Zuchtform die Fähigkeit zu chemischen SOS-Rufen als genetisches Erbe vom wildwachsenden Teosinte-Gras, dem Vorfahren des Mais, beibehalten. Die Wurzeln einiger Sorten setzen sogar größere Menge des Hilferuf-Moleküls frei als der Ahne.
Inwieweit die gewachsene Freundschaft zwischen Wurzel und Wurm der üblen Bande der Maiswurzelbohrer bei ihrem Streifzug durch Europa Einhalt gebietet, ist noch offen. Von der Kenntnis des Wirkstoffes und der Ermittlung von optimalen Lockkonzentrationen, versprechen sich die Wissenschaftler aber, dass in Zukunft der Einsatz von Pestiziden reduziert werden kann. Und die Wiedereinkreuzung des Merkmals in die amerikanischen Sorten sollte auch der Heimatpopulation des Schädlings in Übersee das Leben schwerer machen können.
Schon vor einigen Jahren wurde bei mehreren Gewächsarten beobachtet, dass sie, wenn Raupen an ihren Blättern knabbern, eine flüchtige Verbindung freisetzen. Diese rekrutiert die natürlichen Feinde der Fressmaschinen – Wespen. Die Gelbschwarzen surren herbei und befreien die Pflanze – dabei natürlich ganz eigene Interessen verfolgend – von der Plage. Der Feind des Feindes ist also ein Freund.
Blatt, Raupe, Raupenfeind – ein ganz ähnliches Dreiecksverhältnis gibt es mit anderer Rollenbesetzung auch unter Tage, wie jetzt Forscher vom Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena und der Universität Neuchâtel zeigen: Angreifer ist dort die Larve des Westlichen Maiswurzelbohrers (Diabrotica virgifera), das Opfer gibt die Maiswurzel und die Pflanzenpolizei stellt ein Heer winziger Würmer, des Nematoden Heterorhabditis megidis.
Der Westliche Maiswurzelbohrer ist nun nicht irgendwer. International gilt er als der bedeutendste Maisschädling. In seiner Heimat, den USA, richtet er einen enormen landwirtschaftlichen Schaden an. Die jährlichen Kosten werden, zusammen mit denen für seine Bekämpfung, auf etwa eine Milliarde Dollar beziffert. Vor gut zehn Jahren gelangte er per Flugzeug nach Bosnien und befindet sich seitdem auch in Europa auf dem Vormarsch.
Das Grassieren der Käferplage in der Neuen Welt hat gute Gründe, wie die Wissenschaftler um Jonathan Gershenzon und Ted Turlings herausfanden. Die in Nordamerika angepflanzten Maissorten haben durch Jahrzehnte lange Züchtung und den massiven Einsatz von Insektiziden, die Fähigkeit verloren, den hilfreichen Lockstoff herzustellen. Dies sei nicht überraschend, so die Autoren, da die Selektion in der konventionellen Züchtung auf maximalen Ertrag ausgehe. Wenn ein Befall mit den Schädlingen stattfindet, kann der Landwirt die Ernte durch Sprühen eines Pestizids immer noch retten. Dagegen hat die europäische Zuchtform die Fähigkeit zu chemischen SOS-Rufen als genetisches Erbe vom wildwachsenden Teosinte-Gras, dem Vorfahren des Mais, beibehalten. Die Wurzeln einiger Sorten setzen sogar größere Menge des Hilferuf-Moleküls frei als der Ahne.
Die chemische Natur des unterirdischen Botenstoffes klärten die Wissenschaftler mit einem so genannten Olfaktometer. Bei diesem Gerät setzten sie Tausende von wimmelnden Würmern in ein zentrales Gefäß, von dem sechs mit feuchtem Sand gefüllte Gänge abzweigen. Diese münden in Kammern, wo sich unbeschädigte, angenagte oder mechanisch verletzte Wurzeln oder verschiedene isolierte Inhaltstoffe befinden. Der Weg, den die Nematoden für ihre Kriechtour wählten, verriet dann nach und nach den chemischen Schlüsselreiz: Ein Molekül namens (E)-beta-Caryophyllen lockte ebenso wie die von Käferlarven angegriffenen Wurzeln die insektenbefallenden Tierchen an.
Inwieweit die gewachsene Freundschaft zwischen Wurzel und Wurm der üblen Bande der Maiswurzelbohrer bei ihrem Streifzug durch Europa Einhalt gebietet, ist noch offen. Von der Kenntnis des Wirkstoffes und der Ermittlung von optimalen Lockkonzentrationen, versprechen sich die Wissenschaftler aber, dass in Zukunft der Einsatz von Pestiziden reduziert werden kann. Und die Wiedereinkreuzung des Merkmals in die amerikanischen Sorten sollte auch der Heimatpopulation des Schädlings in Übersee das Leben schwerer machen können.
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