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Himmelsdurchmusterung: Die größte Infrarotkarte unserer Galaxis

Mit dem VISTA-Teleskop in Chile wurden in 13 Jahren 200 000 Infrarotbilder unseres Milchstraßensystems aufgenommen, die eine detaillierte Karte hoher Qualität ergeben.
VISTA-Bilder von NGC 3603 und NGC 3576 (Infrarotaufnahmen zweier Gasnebel)
Schnappschuss: ein winziger Ausschnitt der großen Himmelsdurchmusterung mit dem VISTA-Teleskop.

Rund 13 Jahre, 420 Beobachtungsnächte und 200 000 Einzelbilder waren nötig, um die bisher größte und detaillierteste Panoramakarte unseres Milchstraßensystems im Infraroten zu erstellen. Aufgenommen wurden sie mit dem 4,1-Meter-Teleskop VISTA, dem Visible and Infrared Survey Telescope for Astronomy, das sich auf dem Cerro Paranal in Chile befindet und von der Europäischen Südsternwarte ESO betrieben wird. Die Größe des abgebildeten Himmelsareals entspricht der 8600-fachen Fläche der Vollmondscheibe. Dennoch wurde nur ein Teil unserer Galaxis mit ihrer Scheibe aus Sternen, Staub- und Gaswolken aufgenommen.

Die Durchmusterung erfolgte im Rahmen des Programms VISTA Variables in the Vía Láctea (VVV), beziehungsweise seiner Fortsetzung VVV eXtended (VVVX). Die Beobachtungen begannen im Jahr 2010, endeten in der ersten Hälfte des Jahres 2023 und umfassten 420 Beobachtungsnächte. Durch die Aufnahmen im nahen Infraroten lässt sich das Innere vieler Gas- und Staubwolken erfassen, die im Visuellen nicht durchdrungen werden können. Zudem ist es möglich Objekte zu untersuchen, die zu kalt sind, um im sichtbaren Bereich genug Strahlung abzugeben – wie Braune Zwerge oder oder freifliegende Planeten (englisch: rogue planets). Daneben wurden mit VISTA aber auch sehr alte Kugelsternhaufen erfasst. Insgesamt enthalten die Karten 1,5 Milliarden Objekte.

Einige ausgewählte Objekte aus der großen Infrarothimmelskarte | Sechs Regionen in unserem Milchstraßensystem, die von der großen Himmelsdurchmusterung mit dem 4,1-Meter-VISTA-Teleskop im Infraroten aufgenommen wurden. Oben von links nach rechts: NGC 3576, NGC 6357 und Messier 17, untere Reihe: NGC 6188, Messier 22 und NGC 3603. Bis auf Messier 22, einem alten Kugelsternhaufen, handelt es sich bei den anderen Objektem um Nebel mit aktiver Sternentstehung. Da die Bilder im Infraroten entstanden, lässt sich tief in die Staubwolken hineinblicken, so dass viele Jungsterne sichtbar sind.

Da jedes Himmelsgebiet im Verlauf des Programms mehrfach abgebildet wurde, lassen sich zeitliche Veränderungen der Quellen feststellen. So fanden sich bei weiteren Untersuchungen der Bilddaten tausende Sterne mit variabler Helligkeit, wie Cepheiden oder Bedeckungsveränderliche. Auch konnten so genannte Hyperschnellläufer identifiziert werden, Sterne, die so schnell unterwegs sind, dass sie unsere Galaxis eines Tages verlassen werden. Aus den Positionen der Himmelsobjekte lässt sich außerdem auf die dreidimensionale Struktur unseres Milchstraßensystems schließen, inklusive der Regionen, die durch dichte Staubwolken verhüllt sind.

Der von der VISTA-Durchmusterung abgedeckte Bereich des Himmels | Die von VISTA in 13 Jahren erfasste Fläche am Himmel erstreckt sich über das 8600-Fache der Vollmondscheibe. Sie zieht sich entlang der Ebene unseres Milchstraßensystems. Das galaktische Zentrum befindet sich im breiten Bereich links, die unterschiedlichen Farben der Quadrate zeigen unterschiedliche Zeiträume bei der Himmelsdurchmusterung an.

Bei der Durchmusterung fiel eine Datenmenge von etwa 500 Terabyte an, was etwa 750 000 CD-ROM-Scheiben entsprechen würde. Sie ist somit viel zu groß, um einfach heruntergeladen werden zu können. Um die Himmelskarte dennoch leicht zugänglich zu machen, hat die ESO eine Datenbank eingerichtet, über die sich Ausschnitte der Karte anschauen und herunterladen lassen: ESO Science Portal. Dort finden sich auch alle anderen Bilder und Messdaten, die mit den Teleskopen der ESO aufgenommen wurden.

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