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Cassini-Mission: Jupiter liefert Hinweise auf Dunkle Materie

Woraus Dunkle Materie besteht – und ob sie überhaupt existiert –, ist unklar. Die mysteriöse Substanz könnte aber Spuren in der Atmosphäre des Gasriesen Jupiters hinterlassen haben.
Die Atmosphäre von Jupiter ist stürmisch
Dunkle Materie könnte die Atmosphäre von Jupiter ionisieren.

Cape Canaveral, der 15. Oktober 1997: Eine helles Leuchten durchdringt den dunklen Nachthimmel; kurz darauf steigt die längliche Titan-IVB-Rakete in den Himmel auf und hinterlässt unter sich eine dunkle Rauchwolke. Das war der erfolgreiche Start der Raumsonde Cassini, die ihre siebenjährige Reise zum Saturn und dessen eisigen Monden begann. Unterwegs sammelte die Sonde auch Daten von anderen Himmelskörpern, unter anderem von Jupiter. Wie die Physiker Rebecca K. Leane von der Stanford University und Carlos Blanco von der Princeton University nun in einer bei »Physical Review Letters« erschienenen Veröffentlichung zeigen, könnten diese Messungen Spuren von Dunkler Materie enthalten.

Cassini bewegte sich dank einer nuklearen Stromversorgung knapp 13 Jahre lang durch unser Sonnensystem. Zudem nutzte sie im Jahr 2000 die Schwerkraft des Gasriesen Jupiter für ein Swing-by-Manöver. Währenddessen konnte die Sonde elektromagnetische Strahlung vom Radiowellen- bis in den UV-Bereich detektieren und so die Atmosphäre verschiedener Himmelskörper untersuchen. Unter anderem zeichnete Cassini protonierten Wasserstoff H+3 auf, der im Universum allgegenwärtig ist. Dieser ionisierte Stoff entsteht beispielsweise, wenn Wasserstoffmoleküle (H2) mit Strahlung in Berührung kommen, etwa durch planetare Blitze oder kosmische Strahlung.

Der Anteil an protoniertem Wasserstoff auf Planeten wird seit vielen Jahren untersucht, da er Aufschluss über die Temperatur und über elektrische Ströme in den Atmosphären gibt. Leane und Blanco fanden heraus, dass auch Dunkle Materie protonierten Wasserstoff in der Atmosphäre eines Planeten erzeugen kann. Das konnten die Physikerin und ihr Kollege theoretisch belegen, ohne ein bestimmtes Modell der Dunklen Materie voraussetzen zu müssen.

Die Suche nach der unsichtbaren Substanz

Was genau Dunkle Materie ist, weiß bisher niemand. Es gibt mehrere Hinweise auf ihre Existenz, wenn man beispielsweise die Bewegungen von Galaxien betrachtet. Die Sternensysteme in den äußeren Bereichen von Spiralgalaxien bewegen sich deutlich schneller, als es theoretische Modelle vorhersagen. Es scheint so, als umfassten diese Galaxien mehr Masse, als sichtbar ist. Diese fehlende Masse ist als »Dunkle Materie« bekannt: eine Substanz, die nur über die Schwerkraft wechselwirkt und sonst weitgehend unsichtbar ist.

Da Jupiter der schwerste Planet unseres Sonnensystems ist, sollte er die meiste Dunkle Materie um sich herum ansammeln. Deswegen widmeten sich Leane und Blanco den Atmosphärendaten dieses Gasriesen. Damit Dunkle Materie protonierten Wasserstoff erzeugt, muss sie die Moleküle in der oberen Atmosphäre (Ionosphäre) des Planeten ionisieren. Dies kann entweder durch direkte Stöße oder über Umwege geschehen, da Dunkle Materie keine elektromagnetische Ladung besitzt. Wie die beiden Forscher beschreiben, könnte Dunkle Materie beispielsweise in andere Teilchen zerfallen (solche Szenarien lassen einige Dunkle-Materie-Theorien zu), die daraufhin mit den Molekülen in der Jupiteratmosphäre in Wechselwirkung treten und damit protonischen Wasserstoff erzeugen. Leane und Blanco konnten erstmals zeigen, dass protonischer Wasserstoff in planetaren Atmosphären als Nachweis von Dunkler Materie dienen kann.

Leane und Blanco nahmen sich anschließend die Daten von Cassini vor, die protonischen Wasserstoff zu verschiedenen Zeitpunkten auf der Nachtseite von Jupiter gemessen hatte. Wie die Fachleute erklären, sollte außerhalb der Polarregionen wenig protonischer Wasserstoff anzutreffen sein, da an dieser Stelle kaum ionisierende Strahlung von der Sonne auf Jupiter trifft. Zudem hat H3 eine sehr kurze Lebenszeit, denn er reagiert sehr schnell mit anderen Stoffen. Indem die Forscher die Cassini-Daten mit ihrem theoretischen Modell verglichen, konnten sie bestimmte Eigenschaften von Dunkler Materie stärker eingrenzen als bisherige Experimente. Genauer gesagt: Sie konnten eine Obergrenze dafür festlegen, wie stark Dunkle Materie mit Nukleonen (also Protonen oder Neutronen) wechselwirkt.

Wie Leane und Blanco in ihrer Veröffentlichung beschreiben, wird die europäische JUICE-Mission in etwa sieben Jahren detailliertere atmosphärische Daten des Jupiters aufnehmen. Mit diesen könnten sich die Eigenschaften Dunkler Materie noch besser eingrenzen lassen. Aber auch andere Daten können weiteren Aufschluss geben: »Exoplaneten in dichteren Umgebungen Dunkler Materie, wie der inneren Galaxis, könnten noch empfindlicher für die Ionisierung der Atmosphäre sein«, so Leane und Blanco.

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