News: Hirn-Jogging einmal anders
"Mäuse in den angereicherten Umgebungen wurden einer Vielzahl von Variablen ausgesetzt, wie Spielzeugen, Laufrädern, einer abwechslungsreichen Ernährung und besseren Möglichkeiten zur sozialen Kommunikation", sagte Henriette van Praag, Mitarbeiterin im Labor von Fred H. Gage. In Gages Arbeitsgruppe am Salk Institute war erst vor kurzem nachgewiesen worden, daß auch Menschen noch nach der Geburt neue Gehirnzellen produzieren. "Die vorliegende Studie versucht zu testen, welche Art von Stimulation am wichtigsten ist."
Eine Gruppe von sogenannten "Läufern" konnte vor allem die Annehmlichkieten von Lauffrädern auskosten. Dabei wurden sie zu nichts gezwungen, sondern durften sich je nach Lust und Laune austoben. Neben einer körperlich inaktiv gehaltenen Kontrollgruppe wurden zwei andere Gruppen von Mäusen, die "Schwimmer", mit den Läufern verglichen. Diese Mäuse wurden jeden Tag für kurze Zeit in einen seichten Pool gesetzt. Eine der Gruppen mußte gleichzeitig eine Lernaufgabe bewältigen – echtes "Hirn-Jogging" also. Die andere Gruppe konnte einfach frei herumschwimmen.
Am Ende der Studie wurden bei den körperlich aktivsten Mäusen die meisten neuen Gehirnzellen gefunden – zweimal soviel wie bei den "Faulpelzen". Einsame Spitze waren jedoch die Läufer.
"Wir wissen nicht, ob Freiwilligkeit der entscheidende Faktor ist – das heißt, die laufenden Mäuse durften auf das Rad bzw. vom Rad herunter springen, wie es ihnen beliebte – oder ob die Schwimmer einfach weniger hart trainierten", erläutert Gage. "Der Unterschied war verblüffend....Und weil wir inzwischen wissen, daß auch menschliche Gehirne neue Zellen herstellen, könnte es sein, daß Laufen oder eine andere Art von Fitneßtraining die Gehirnzellenproduktion bei Menschen ebenfalls stimuliert."
Doch vielleicht sollten wir uns nicht zu früh freuen. Auf die Frage, ob mobile Mäuse also gescheiter sind, mußte Gage zugeben, daß er noch keine Antwort darauf hat: "Aber es scheint vernünftig anzunehmen, das sie es sind – das Wachstum neuer Zellen findet in einem Teil des Gehirns namens Hippocampus, statt, der in vielen Untersuchungen mit Lernen und Gedächtnis in Verbindung gebracht wird. Und in früheren Studien schnitten die Mäuse aus angereicherten Umgebungen bei Lerntests besser ab." Hoffen wir also im Hinblick auf eventuelle Aktivitäten auf dem Laufband, daß in diesem Fall doch Masse gleich Klasse ist.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 2.11.1998
"Regeneration von Gehirnzellen" - Spektrum Ticker vom 4.6.1998
"Verzweigung in neue Richtungen"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 20.3.1998
"Wie regenerationsfähig ist unser Gehirn wirklich?"
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