Direkt zum Inhalt

Altern: Bildung schützt nicht vor Hirnschwund

Akademiker verfügen über größere kognitive Reserven als Menschen ohne Universitätsabschluss. Die altersbedingte Hirnatrophie verläuft bei ihnen dennoch nicht langsamer.
MRT vom Gehirn

Ein Studium absolviert zu haben, bringt einige Vorteile. Alterungsprozesse im Gehirn kann das jahrelange, intensive Lernen allerdings nicht aufhalten. Zu diesem Schluss ist ein internationales Forschungsteam um Lars Nyberg von der Universität Umeå in Schweden anhand von mehreren europäischen Längsschnittstudien gekommen. Wie der Neurowissenschaftler und die Gruppe in »PNAS« berichten, werteten sie dazu Hirnscans von rund 2000 Erwachsenen im Alter von etwa 30 bis 90 Jahren aus, die sich wiederholt in einem Kernspintomografen hatten untersuchen lassen.

Als Maß für die Hirnalterung verwendeten die Forschenden den Verlust an Hirnvolumen, der sowohl mit normalen als auch mit krankhaften Alterungsprozessen einhergeht, auch Hirnatrophie genannt. Wie erwartet zeigten die Bilder, dass sich mit dem Alter das Volumen in Teilen der Großhirnrinde verkleinerte. Dasselbe galt für das Lern- und Gedächtniszentrum des Gehirns, den Hippocampus: Er schrumpfte um etwa 50 Kubikmillimeter pro Jahr, was rund ein Prozent seines Volumens ausmacht.

Wie schnell der altersbedingte Abbau verlief, ob in der Großhirnrinde oder im Hippocampus, hatte aber nichts mit dem Bildungsgrad zu tun. Der Hirnschwund vollzog sich demanch bei Studierten nicht langsamer. Allerdings setzte er auf einem höheren Ausgangsniveau ein. Bei den Absolventinnen und Absolventen war das Volumen – und somit die Reserve – in bestimmten Hirnregionen größer als bei Gleichaltrigen ohne akademischen Abschluss.

Passive Reserven fürs Alter

»Unsere Ergebnisse entsprechen denen zum kognitiven Altern: Das Ausgangsniveau, nicht der Abbau, hängt mit der Bildung zusammen«, schreibt die Gruppe um Nyberg, darunter auch deutsche Forscherinnen und Forscher des Berliner Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung. Ein hoher Bildungsgrad könne das Risiko für kognitive Probleme also dank einer passiven Reserve senken. »Es ist nicht etwa dem milderen Verfall, sondern dem kognitiven Vorsprung zu verdanken, dass gebildete Menschen seltener dement werden und später jene Schwelle erreichen, ab der sie kein selbstständiges Leben mehr führen können.«

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.