Mikrostimulation: Hirnelektroden wirken anders als gedacht
Ein bewährtes Verfahren in der Hirnforschung ist es, mittels einer extrem dünnen Elektrode Nervenzellen sehr präzise von außen zu reizen. Dabei sei allerdings über Jahrzehnte falsch eingeschätzt worden, wie und wo das neuronale Netz auf den Stromimpuls reagiert, so das Urteil einer Forschergruppe um Clay Reid. Die Neurowissenschaftler von der Harvard Medical School in Boston hatten dazu das Feuern der Zellen mit Hilfe eines speziellen Mikroskopierverfahrens direkt beobachtet.
Demnach bringt eine Elektrode nicht – wie oft vermutet – allein die Neuronen im direkten Umfeld der Elektrodenspitze zum Feuern, sondern aktiviert stattdessen ein weit verzweigtes, ausgedünntes Netz von Zellen. Laut den Forschern würde die angelegte Spannung weniger auf die Zellen selber, sondern vor allem auf Axone wirken, also die "Verbindungskabel" dazwischen. An ihnen würde das Signal dann zu den Zellkörpern entlanglaufen.
Deshalb könne man auch nicht, wie bisher angenommen, durch Reduzieren der Stromstärke die Wirkung der Elektrode auf kleinere Bereiche oder gar eine einzelne Zelle konzentrieren. Entscheidend für die Größe des Volumens, in dem sich die Stimulation auswirkt, sei einzig, wo der Zellkörper zu den gereizten Nervenbahnen sitze. Studien, die dieses Verfahren in Zukunft anwenden wollen, müssten daher berücksichtigen, dass sich Hirnareale in puncto Dichte und Reichweite der Verknüpfungen stark unterscheiden können, so die Forscher.
Überdies befürchten sie, dass geplante und teilweise in Erprobung befindliche Neuroprothesen und andere Hirn-Maschinen-Interfaces an der nur schwer kontrollierbaren Ausdehnung des stimulierten Bereichs scheitern werden, wenn sie weiterhin auf diese Technik setzen. Die unter anderem bei der parkinsonschen Erkrankung eingesetzte Tiefenhirnstimulation sei von den Problemen jedoch nicht betroffen.
Als Beleg dafür, dass hauptsächlich Axone stimuliert würden, verschob das Team um Reid die Elektrodenspitze um wenige Mikrometer – mit dem Ergebnis, dass nun völlig andere Neurone auf den Stromstoß reagierten. Offenbar hatte die Elektrode an ihrer neuen Position ein anderes Bündel von Nervenverbindungen und infolgedessen auch andere Neurone aktiviert. Nach bisheriger Auffassung hätte eine so winzige Positionsveränderung die Reaktion des Nervengewebes nicht nennenswert beeinflussen dürfen.
Um das Feuern der Neurone direkt beobachten zu können, verwendeten die Forscher ein so genanntes Zwei-Photonen-Mikroskop, bei dem ein Laserstrahl fluoreszierende Stellen im Gewebe abbildet. Sie reicherten dazu einen Farbstoff in den Nervenzellen an, der nur in Anwesenheit von Kalzium fluoresziert. Da das Feuern einer Zelle unter anderem durch den raschen Einstrom von Kalziumionen vermittelt wird, konnten die Forscher die Nervenzellaktivität detailliert festhalten. Als Versuchsobjekte kamen narkotisierte Katzen, Ratten und Mäuse zum Einsatz, deren Gehirn die Wissenschaftler durch ein Loch in der Schädeldecke observierten. (jd)
Demnach bringt eine Elektrode nicht – wie oft vermutet – allein die Neuronen im direkten Umfeld der Elektrodenspitze zum Feuern, sondern aktiviert stattdessen ein weit verzweigtes, ausgedünntes Netz von Zellen. Laut den Forschern würde die angelegte Spannung weniger auf die Zellen selber, sondern vor allem auf Axone wirken, also die "Verbindungskabel" dazwischen. An ihnen würde das Signal dann zu den Zellkörpern entlanglaufen.
Deshalb könne man auch nicht, wie bisher angenommen, durch Reduzieren der Stromstärke die Wirkung der Elektrode auf kleinere Bereiche oder gar eine einzelne Zelle konzentrieren. Entscheidend für die Größe des Volumens, in dem sich die Stimulation auswirkt, sei einzig, wo der Zellkörper zu den gereizten Nervenbahnen sitze. Studien, die dieses Verfahren in Zukunft anwenden wollen, müssten daher berücksichtigen, dass sich Hirnareale in puncto Dichte und Reichweite der Verknüpfungen stark unterscheiden können, so die Forscher.
Überdies befürchten sie, dass geplante und teilweise in Erprobung befindliche Neuroprothesen und andere Hirn-Maschinen-Interfaces an der nur schwer kontrollierbaren Ausdehnung des stimulierten Bereichs scheitern werden, wenn sie weiterhin auf diese Technik setzen. Die unter anderem bei der parkinsonschen Erkrankung eingesetzte Tiefenhirnstimulation sei von den Problemen jedoch nicht betroffen.
Als Beleg dafür, dass hauptsächlich Axone stimuliert würden, verschob das Team um Reid die Elektrodenspitze um wenige Mikrometer – mit dem Ergebnis, dass nun völlig andere Neurone auf den Stromstoß reagierten. Offenbar hatte die Elektrode an ihrer neuen Position ein anderes Bündel von Nervenverbindungen und infolgedessen auch andere Neurone aktiviert. Nach bisheriger Auffassung hätte eine so winzige Positionsveränderung die Reaktion des Nervengewebes nicht nennenswert beeinflussen dürfen.
Um das Feuern der Neurone direkt beobachten zu können, verwendeten die Forscher ein so genanntes Zwei-Photonen-Mikroskop, bei dem ein Laserstrahl fluoreszierende Stellen im Gewebe abbildet. Sie reicherten dazu einen Farbstoff in den Nervenzellen an, der nur in Anwesenheit von Kalzium fluoresziert. Da das Feuern einer Zelle unter anderem durch den raschen Einstrom von Kalziumionen vermittelt wird, konnten die Forscher die Nervenzellaktivität detailliert festhalten. Als Versuchsobjekte kamen narkotisierte Katzen, Ratten und Mäuse zum Einsatz, deren Gehirn die Wissenschaftler durch ein Loch in der Schädeldecke observierten. (jd)
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