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Hirnforschung: Im Alter werden manche Nervenzellen hyperaktiv

Nicht alle Bereiche im Gehirn arbeiten schlechter, wenn wir älter werden. Eine spezielle Region im Hippocampus feuert zumindest bei Ratten vermehrt, wenn die Tiere in die Jahre kommen.
Hirn mit Nervenzellen

Im Hippocampus, einer Hirnregion, die vor allem bei Gedächtnisprozessen eine wichtige Rolle spielt, sind Wissenschaftler auf Neurone gestoßen, die im Alter offenbar besonders aktiv werden. Diese hyperaktiven Nervenzellen befinden sich in der so genannten CA3-Region des Hippocampus, die bislang nur vergleichsweise wenig untersucht wurde. In der Vergangenheit hatten Forscher sich vor allem auf die nebenan gelegene CA1-Region konzentriert, in der die Zellen im Alter eher schwächer feuern, wie das Team um John Disterhoft von der Northwestern University in Chicago nun im "Journal of Neuroscience" berichtet.

Die Wissenschaftler waren auf das ungewöhnliche Verhalten der Zellen gestoßen, nachdem sie Hirnschnitte von den Hippocampi junger und alter Ratten angefertigt und dort die Aktivität in den einzelnen Regionen verglichen hatten. "Schon vor unserer Studie gab es einige Hinweise darauf, dass die CA3-Region auch beim Menschen im Alter und bei kognitiven Beeinträchtigungen leichter erregbar ist", sagt Disterhoft. "Bislang haben wir aber vor allem den Mechanismus dahinter nicht verstanden." Den deckten die Forscher nun im Tierversuch ebenfalls auf, indem sie nach und nach die einzelnen Ionenkanäle der CA3-Neurone veränderten. Dabei fanden sie heraus, dass offenbar spezielle Kaliumkanäle mit den Bezeichnungen Kv4.2 und Kv4.3 die Aktivität der Nervenzellen im alternden Gehirn steigern. Blockierten sie diese Kanäle, kehrten die Zellen wieder zu ihrem normalen Aktivitätsmuster zurück und verhielten sich wie in einem jungen Gehirn.

Die Ergebnisse der Wissenschaftler zeigen einmal mehr, dass nicht alle Regionen im Gehirn auf die gleiche Art und Weise altern. Disterhoft und seine Kollegen glauben, dass das vor allem für die Behandlung von neurodegenerativen Erkrankungen von Bedeutung sein könnte, wenn sich die Beobachtungen auch auf das menschliche Gehirn übertragen lassen. Bislang hatten Forscher stets versucht, den Gedächtnisverlust zu kurieren, indem sie die Aktivität der Nervenzellen im Hippocampus erhöhten. Das könnte vielleicht bei den CA1-Zellen helfen, in der CA3-Region wäre es aber eher fatal, wenn die Neurone noch stärker feuerten, so die Autoren. Möglicherweise muss man daher in den verschiedenen Regionen mit unterschiedlichen Methoden ansetzten, wenn man den geistigen Schwund aufhalten will.

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