Kohnstamm-Effekt : Hirnscans klären Geisterarm-Phänomen auf
Der Kohnstamm-Effekt – eine als Partyscherz gern hervorgekitzelte, unwillkürliche Muskelanspannung, die zu kurzfristigen unfreiwilligen Armbewegungen führt – kennt man nach dem Erstbeschreiber Oskar Kohnstamm seit dem Jahr 1915. Man kann den Effekt nachvollziehen, indem man sich seitlich an der Wand anlehnt und dann den am Körper anliegenden, wandseitigen Arm für eine knappe Minute kräftig gegen das Wandhindernis presst: Tritt man dann anschließend von der Wand weg, wird der Arm sich unwillkürlich in der Richtung heben, in die zuvor Druck ausgeübt wurde. Seit fast 100 Jahren konkurrieren auch zwei Erklärungsansätze, die beschreiben, warum der Körper hier kurzzeitig übersteuert – nur einer von beiden trifft aber zu, wie Forscher jetzt experimentell bestätigt haben.
Sie testeten dazu die Gehirnaktivität von 39 Freiwilligen, die erst den klassischen Kohnstamm-Effekt anstießen, um die unwillkürliche Bewegung dann aktiv zu unterdrücken. Dabei, so die Hypothesen, könnten prinzipiell zwei Dinge ablaufen: Entweder wird ein aktiv und simultan gegen die vom Deltamuskel ausgehende Aufwärtsbewegung gerichteter Abwärtsbewegungsbefehl gegeben – oder die Aufwärtsbewegung wird an den motorischen Nerven blockiert. Tatsächlich ist nur Letzteres der Fall, so die Resultate: Sobald die Testpersonen willentlich die Armbewegung unterdrückten, sank die Aktivität des Deltamuskels sowie auch der Motorkortex-Nerven im Gehirn: Die Blockade findet demnach also im Hirn und nicht im Muskel statt.
Gleichzeitig berichteten die Kandidaten trotzdem vom merkwürdigen Gefühl eines gegen ihre Bemühungen gerichteten physischen Drucks. Offenbar existiere im System ein "sensorisch blinder Fleck", der sich der bewussten Wahrnehmung entziehe: Obwohl die Muskelbewegung schon vor der Nervenweiterleitung gebremst wird, spüren die Personen die effektiv geblockte Muskelkontraktion. Dieses Phänomen wollen die Forscher nun weiter untersuchen – wobei sie vor allem auch hoffen, mehr über unwillkürliche Bewegungen zu lernen, die zum Beispiel Parkinsonpatienten und Menschen mit Tourette-Syndrom plagen können.
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