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News: HIV auf neuem Höchststand

Nach aktuellen Schätzungen des Robert Koch-Instituts hat die Zahl der in Deutschland lebenden HIV-infizierten Menschen mit etwa 37 000 Personen Ende des Jahres 1998 einen neuen Höchststand erreicht.
"Durch die neuen Kombinationstherapien ist die Zahl der neu an AIDS erkrankten Personen und der AIDS-Todesfälle mit jeweils etwa 800 im Jahr 1998 erfreulicherweise auf den niedrigsten Stand seit über zehn Jahren zurückgegangen," so Prof. Dr. Reinhard Kurth, Leiter des Robert Koch-Instituts, " gleichzeitig gibt es jedoch keinen Anhalt für einen Rückgang der HIV-Neuinfektionen. Immer noch infizieren sich in Deutschland jedes Jahr über 2 000 Personen neu mit dem HI-Virus." Seit dem Beginn der HIV/AIDS-Epidemie Anfang der achtziger Jahre sind in Deutschland über 21 000 Menschen an AIDS erkrankt und über 16 000 an den Folgen der HIV-Infektion gestorben.

Von den neuen Möglichkeiten in der Therapie profitieren die verschiedenen Gruppen in unterschiedlichem Maße. Während die Zahl der neu diagnostizierten AIDS-Erkrankungen bei homo- bzw. bisexuellen Männern im Vergleich zu 1995 um zwei Drittel zurückging, beträgt der Rückgang bei den intravenös Drogenabhängigen etwa 60 % und bei heterosexuell Infizierten sogar "nur" 33 %. Vermeiden oder hinausschieben läßt sich eine AIDS-Erkrankung mit Hilfe der neuen Therapien natürlich nur, wenn die HIV-Infektion bekannt ist und medizinische Hilfe in Anspruch genommen werden kann.

Eine offenbar gleichbleibend große Gruppe von Personen scheint aber Infektionsrisiken zu verdrängen und Testangebote nicht wahrzunehmen: ein Indiz dafür ist die Tatsache, daß die Zahl der AIDS-Patienten, die keine Angaben zum vermuteten Infektionsweg machen konnten oder wollten, gegenüber dem Jahr 1995 nahezu unverändert blieb. Die Zahl der AIDS-Erkrankungen bei Personen, die in Deutschland leben und aus ausländischen Gebieten stammen, in denen sich die HIV-Infektion in der gesamten Bevölkerung stark ausgebreitet hat, nahm sogar zu.

Durch die Verlängerung der Zeitspanne zwischen HIV-Infektion und der Diagnose von AIDS bzw. zwischen AIDS und Tod, wird die Zahl der zu versorgenden HIV- bzw. AIDS-Patienten bei einer gleichbleibenden Zahl von HIV-Neuinfektionen weiter anwachsen.

Die HIV-Epidemie in Deutschland wird weiterhin in erster Linie durch die Neuinfektionen in der Gruppe der homo- bzw. bisexuellen Männer, die etwa die Hälfte aller Neuinfektionen ausmachen, geprägt. Der Anteil der Fälle mit vermuteter heterosexueller Übertragung hat in den letzten Jahren zugenommen und liegt derzeit bei etwa 17 %. Der Anteil von Personen aus Gebieten mit starker HIV-Ausbreitung unter den neu diagnostizierten HIV-Infektionen hat ebenfalls zugenommen und beträgt jetzt 18 %. Das Spritzen von Drogen stellt neben dem sexuellen Übertragungsweg auch heute mit etwa 14 % der Neuinfektionen ein nicht zu vernachlässigendes Infektionsrisiko dar. Der Anteil der Frauen unter den neu diagnostizierten HIV-Infektionen lag 1998 bei 22 %. Die bei rechtzeitiger Einleitung entsprechender Vorbeugemaßnahmen weitgehend vermeidbare Übertragung einer HIV-Infektion von der Mutter auf das Kind spielt in Deutschland aus epidemiologischer Sicht keine bedeutsame Rolle.

Der neuesten Einschätzung von UNAIDS und WHO zufolge ist die HIV-Epidemie in vielen Ländern der Dritten Welt außer Kontrolle. Da bekannt ist, daß 95 % der täglich 16 000 HIV-Neuinfektionen in Entwicklungsländern erfolgen, in denen der Krankheitsverlauf mangels medikamentöser Therapie innerhalb von wenigen Jahren tödlich verläuft, hat sich die HIV-Infektion mittlerweile zum größten Killer aller Infektionskrankheiten entwickelt, gefolgt von der Tuberkulose und der Malaria. 5,8 Millionen Neuinfektionen allein im Jahr 1998 bringen die Zahl der derzeit lebenden HIV-Infizierten weltweit auf über 33 Millionen. In Deutschland sowie in den meisten Ländern Westeuropas und Nordamerikas ist die HIV-Epidemie stabil, aber bei weitem noch nicht gestoppt.

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