News: Höfliche Eulenküken
In einem weiteren Experiment fanden die Berner Wissenschaftler, dass die Menge des Gepiepes von der Anzahl der Nachkommen abhing: Je mehr Küken sich in einem Nest befanden, desto weniger schrien die Jungen. Diese Beobachtung ließ sich nicht mit der Annahme erklären, dass sich die Küken gegenseitig übertönen wollen, um gefüttert zu werden. Die Forscher sind daher der Ansicht, dass die Jungtiere auf Betteln verzichten, wenn sie merken, dass sie nur eine geringe Chance haben, an das Futter zu kommen. "Wenn einer der Nestlinge hungriger ist als die anderen, dann ist der Wert der Nahrung für ihn höher", erklärt Roulin. "Ein hungriges Küken würde auch physisch um die Beute kämpfen." In diesem Fall ist es für das weniger hungrige Tier nicht sinnvoll, sich um das Futter zu bemühen, das es vermutlich ohnehin nicht bekommen wird. Die Geschwister erkennen an der Intensität des Gepiepes, wer das Futter am dringendsten benötigt. Das Ergebnis dieser Kommunikation ist, dass die weniger hungrigen Tiere zurückstecken, um keine unnötige Energie zu verschwenden, und warten, bis sie an der Reihe sind.
Becky Kilner von der University of Cambridge hält diese Arbeit für einen interessanten neuen Ansatz. "Niemand hat sich bislang mit der Kommunikation der Jungen in Abwesenheit der Eltern beschäftigt", sagt die Zoologin. Bleibt die Frage, ob Küken anderer Vogelarten in ähnlicher Weise handeln.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 3.3.1999
"Ein mächtiger Schrei nach Futter"
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