News: Hören statt sehen
Sie spielte acht geburtsblinden Freiwilligen verschiedene Geräusche aus acht im Raum verteilten Lautsprechern vor. Kam ein ungewohntes Geräusch etwa von rechts, mußten die Testpersonen einen bestimmten Knopf drücken. Entsprechendes geschah mit einer sehenden Kontrollgruppe. Mittels EEG wurde die Gehirnaktivität gemessen.
Die Wissenschaftlerin kam zu dem Ergebnis, daß Blinde Geräusche am Rand des Wahrnehmungsbereiches besser erkennen und orten können als Sehende, eine Fähigkeit, die den Verlust des Augenlichts offenbar kompensieren soll (Nature vom 8. Juli 1999). "Blinde müssen ihr Umfeld über das Gehör überwachen, sie müssen Reize im Grenzbereich frühzeitig entdecken und darauf reagieren", erklärt die Psychologin. Im Zentrum des Wahrnehmungsbereichs konnten sich beide Gruppen dagegen gleich gut orientieren.
Eine Erklärung für das bessere Orientierungsvermögen ist die sogenannte kompensatorische Plastizität des Gehirns. Offenbar übernehmen bei Geburtsblinden Gehirnareale, die ursprünglich für die Reizverarbeitung des Gesichtssinns vorgesehen waren, Aufgaben bei der Verarbeitung von akustischen Reizen. "Wir haben neben der präziseren Abstimmung der neuronalen Einheiten bei Blinden auch Reorganisation gefunden. Wir gehen davon aus, daß bei blinden Kindern die Fähigkeit, sich auf auditive Ereignisse zuzuwenden verbessert, während bei sehenden Kindern der Gesichtssinn dominant wird", so Röder.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 14.1.1999
"Sehen wie Hören"
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