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Horrorsound: Aztekenpfeife versetzt Menschen in Angst und Schrecken

Wie ein schriller Schrei klingt der Ton der Totenkopfpfeife. Die Azteken nutzten dieses Musikinstrument vielleicht, um Menschen in angstvollem Zustand zu opfern.
Aztekische Totenkopfpfeife im Ethnologischen Museum in Berlin. Der Klangkörper hat die Gestalt eines menschlichen Schädels.
Die Gestalt eines Totenschädels und der Sound eines schrillen Schreis – die aztekischen Totenkopfpfeifen sind weder optisch noch akustisch etwas für schwache Nerven. Dieses Exemplar befindet sich im Ethnologischen Museum in Berlin.

Hallt ein schriller Schrei durch einen Horrorfilm, wird selbst der gelassensten Seele angst und bange. Die Azteken in Mittelamerika kannten vor mehr als 500 Jahren wohl noch keine Horrorstreifen, aber wenn es darum ging, Menschen Angst einzujagen, dann hatten sie das passende Mittel dafür entwickelt: die Totenkopfpfeife. Das schädelförmige, handgroße Instrument erzeugt einen schreiähnlichen Ton (hier gibt es Audioaufnahmen), der die Zuhörenden in einen Angstzustand versetzt. Das haben Fachleute um Sascha Frühholz von der Universität Zürich bei Experimenten nachgewiesen und ihre Ergebnisse im Fachblatt »Communications Psychology« veröffentlicht. Sie vermuten, dass man die Pfeifen bei Ritualen für Menschenopfer spielte.

Für die Untersuchung fertigte das Forscherteam Rekonstruktionen von originalen Todeskopfpfeifen an. Im Inneren der Pfeife befinden sich zwei Schallkammern: Trifft ein Luftstrom in diese Kammern, bilden sich zwischen ihnen Luftturbulenzen, die als schriller Ton entweichen. Aufzeichnungen dieser Töne spielten die Forscher dann einer Gruppe von Probanden vor – nebst zahlreichen anderen Klängen, Sprachfetzen und Soundeffekten. Den schrillen Sound der aztekischen Totenkopfpfeifen beschrieben die Versuchsteilnehmer als schreiartige Töne, die beängstigend und abschreckend seien. Außerdem dokumentierte Frühholz' Team die Hirnaktivitäten der Probanden, während diese den aztekischen Todespfiffen lauschten. Dabei seien Regionen im Gehirn angeregt worden, die ebenfalls auf den beängstigenden Charakter der Töne hinweisen. Auch würden die aktivierten Hirnregionen nahelegen, dass Menschen die Klänge bewerten und symbolisch ausdeuten. Die Zuhörer suchen also nach einer Erklärung für die menschenähnliche Schreie der Totenkopfpfeife – und empfinden zugleich Angst.

»Die Todespfeifen sollten in Ritualen mythologische Wesen nachahmen«, erklärt der Neurowissenschaftler Frühholz laut einer Pressemitteilung seiner Universität. Jedenfalls sei mit dem schädelförmigen Instrument auch der Herrscher der aztekischen Unterwelt dargestellt, Mictlantecuhtli. Denkbar sei, dass die Totenkopfpfeife bei Ritualen von Menschenopfern gespielt wurde. Das leiten die Forscher auch aus den Fundplätzen der Instrumente ab, die aus einer Zeit von 1250 bis 1521 stammen: Sie kamen häufig in den Gräbern geopferter Menschen zu Tage. Vielleicht galt die Pfeife als eine Art Wegbereiter in die Unterwelt.

Nicht sicher sei, ob die Menschen zur Zeit der Azteken auf die künstlichen Schreie ähnlich reagierten wie die Versuchsteilnehmer des 21. Jahrhunderts. »Aber die grundlegenden affektiven Reaktionen auf erschreckende Geräusche«, so Frühholz, »sind Menschen aus allen historischen Kontexten gemeinsam.«

  • Quellen
Communications Psychology 2, 2024, doi: 10.1038/s44271–024–00157–7

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