Artenschutz: Hunderte von Vogelarten in Indien gehen zurück
Hunderte von Vogelarten in Indien sind im Rückgang begriffen. Zu diesem Ergebnis ist der erste große Bericht des Landes über den Zustand der Vogelpopulationen gekommen. Greif- und Wasservögel scheinen durch die Zerstörung des Lebensraums, die Jagd und den Tierhandel besonders hart getroffen worden zu sein.
Aber es gibt nicht nur schlechte Nachrichten. Arten wie der Haussperling entwickeln sich wohl besser als bisher angenommen.
Der am 17. Februar veröffentlichte Bericht über die Vogelwelt Indiens (»State of India’s Birds«) stützt sich auf mehr als zehn Millionen Sichtungen von Vogelbeobachtern, die in der Online-Datenbank für weltweite Vogelbeobachtungen eBird erfasst wurden.
Mehr als die Hälfte der untersuchten Arten schwindet seit 2000
Die Autoren des Berichts – Forscher aus zehn staatlichen und gemeinnützigen Forschungs- und Naturschutzgruppen – nutzten die eBird-Daten, um langfristige Trends für 261 Vogelarten zu analysieren. Die Teams haben sich die proportionale Veränderung der Häufigkeit der gemeldeten Sichtungen seit dem Jahr 1993 angeschaut. Sie stellten fest, dass mehr als die Hälfte dieser Arten seit 2000 zurückgegangen ist. Die Gruppe untersuchte auch die aktuellen jährlichen Trends bei 146 Arten; fast 80 Prozent sind in den vergangenen fünf Jahren zurückgegangen.
Die Forscher klassifizierten 101 Arten als stark bedroht und weitere 319 Arten als mäßig bedroht, da ihre Häufigkeit und ihr Verbreitungsgebiet abnehmen und sie auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion stehen.
Die Populationen mehrerer Greifvögel, einschließlich Adler- und Weihenarten, haben abgenommen, am stärksten jedoch die Geier. Von den neun Geierarten, die in Indien gefunden wurden, ist die Zahl von sieben seit Anfang der 1990er Jahre zurückgegangen, hauptsächlich wegen der Vergiftung durch das entzündungshemmende Medikament Diclofenac. »Das Ausmaß des Rückgangs der Greifvogelpopulation ist sehr alarmierend«, sagt Farah Ishtiaq, die am Tata-Institut für Genetik und Gesellschaft in Bengaluru, Indien, Vogelkrankheiten untersucht.
Die Zahl der wandernden Küstenvögel, einschließlich der Arten von Strandläufer, Möwen und Regenpfeifer, ist laut Bericht langfristig am stärksten bei den Wasservögeln zurückgegangen. Zugleich sind viele einheimische Arten von Enten, Gänsen und Seeschwalben stark betroffen.
Um Pfau und Haussperling scheint es insgesamt gut bestellt
Eine positive Nachricht unter so vielen schlechten: Beobachter haben den indische Pfau, ein Nationalsymbol des Landes, immer häufiger gesichtet, und die Art scheint ihr Verbreitungsgebiet zu erweitern. Der vermutlich im Niedergang begriffene Haussperling zeigt in den großen Städten Indiens wie Bengaluru, Delhi und Mumbai immer noch einen Abwärtstrend, aber landesweit scheint seine Population stabil zu sein.
»Die Stärke dieser Bemühungen liegt darin, dass sie vielleicht die erste indienweite Bewertung der Trends in den Vogelpopulationen liefern. Dies ist eine bemerkenswerte Leistung«, sagt V. Robin, ein Evolutionsökologe am indischen Institut für wissenschaftliche Bildung und Forschung in Tirupati.
Obwohl Wissenschaftler von den Bürgern eine große Menge Daten mit Hilfe von eBird gesammelt haben, fehlt historisches Wissen über viele indische Vögel, und die aktuellen Informationen über einige sehr begrenzte, endemische Arten reichen nicht aus, um ihren Zustand zu verstehen, sagt Robin. Es gibt nur sehr wenige bürgerwissenschaftliche Daten, sowohl historische als auch aktuelle, für Arten wie den Weißbauch-Sholakili (Myiomela albiventris), der auf einem Berggipfel lebt, den nicht viele Menschen besuchen, sagt er.
Robin sagt, dass für einige Arten konventionelle, langfristige Feldforschung erforderlich ist, und nicht nur Daten von Hobby-Vogelbeobachtern.
Der Artikel ist im Original »Hundreds of bird species in India are declining« in »Nature« erschienen.
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