Giftige Gliedertiere: Hundertfüßer-Biss tötet blitzschnell
In Europa sind die Vertreter der Gliedertiergruppe Hundertfüßer recht unscheinbar, eindrucksvolle Exemplare der asiatischen Provenienz erreichen aber durchaus einmal eine Länge von 25 Zentimetern. Solchen Exemplaren – Vertretern der Gattung Scolopendra – sollte man nur mit Vorsicht begegnen: Beißen sie mit ihren imposanten, zu Giftklauen umgewandelten Vorderbeinen zu, so ist das für den Menschen wenigstens enorm schmerzhaft. Kleinere Tiere trifft es schlimmer, und alles abwärts der Größe von Makaken muss um sein Leben fürchten. Das Peptidgift der Hundertfüßer sorgt schon in geringer Dosis für einen schnellen Tod, weil es bestimmte Kaliumkanäle in den Zellen des Opfers hemmt, beschreiben Forscher nun in "PNAS".
Hundertfüßer kommen weltweit in den verschiedensten Habitaten (von tiefen Höhlen bis öffentlichen Parkanlagen) vor, fristen in den gemäßigten Breiten aber meist ein eher unauffälliges Dasein. Die größeren Hundertfüßer der Tropen fallen stärker auf: Sie sind dafür bekannt, auch vor Beutetieren, die deutlich größer sind als sie selbst, nicht zurückzuschrecken. Zum Jagderfolg trägt dabei das potente Gift bei, welches sie den Opfern beim Biss injizieren: ein Toxincocktail, der wegen seiner vielfältigen neurologischen Wirkung seit einiger Zeit von Pharmakologen genau unter die Lupe genommen wird.
Ein Forscherteam um Ren Lai von der Chinese Academy of Sciences in Yunnan hat nun die Ursache der tödlichen Wirkung des Gifts auf kleine Tiere genauer untersucht. Ein rund drei Gramm schwerer Chinesischer Rotkopfhundertfüßer (Scolopendra subspinipes mutilans), so die Forscher nach Experimenten, tötet eine 45 Gramm schwere Labormaus mit rund 30 Mikrolitern injiziertem Gift innerhalb einer halben Minute. Als todbringende Komponente des Gifts stellte sich ein "Ssm Spooky Toxin (SsTx)" getauftes Peptid heraus, das sämtliche zur KCNQ-Familie gehörenden Kaliumkanäle der Opfer hocheffektiv hemmt. In der Folge bricht deswegen die Regulation des Lungengefäß- und Arterienwiderstands zusammen, so dass sich die Gefäße stark verengen, was schließlich zu einem massiven Blutdruckanstieg, Sauerstoffunterversorgung und dem Tod führt. Als Gegenmittel hilft das krampflösende Epilepsiemedikament Retigabin – wenn es rechtzeitig verabreicht wird, ermittelten die Wissenschaftler.
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