Katzenseuche auf Zypern: Hundevirus machte Katzenkiller aggressiver
Ein genetisch verändertes Coronavirus steckt vermutlich hinter einer rätselhaften Seuche, die im Sommer 2023 auf Zypern tausende Katzen tötete. Ein beträchtlicher Teil seines Erbgutes stammt anscheinend von einer hyperaggressiven Variante eines bei Hunden auftretenden Coronavirus, berichtet eine Arbeitsgruppe um Christine Tait-Burkard von der University of Edinburgh. Wie sie in einer Vorabveröffentlichung schreibt, ist von dem Gen-Austausch auch das Spike-Protein des FCoV-23 getauften Virus betroffen, was möglicherweise einen Teil der veränderten Viruseigenschaften erklärt. Die Katzen waren an der oft tödlichen Krankheit Feline Infektiöse Peritonitis (FIP) erkrankt, die zwar von einem Coronavirus ausgelöst wird, jedoch normalerweise nicht ansteckend ist. Beim Ausbruch auf Zypern verbreitete sich der Erreger jedoch schnell zwischen den Katzen und löste eine Epidemie aus.
Die Arbeitsgruppe vermutet, dass das ausgetauschte Spike-Protein der Grund ist, dass die nicht übertragbare Krankheit FIP in diesem Fall ansteckend ist. Das Virus, von dem es stammt, befällt bei Hunden viele sehr unterschiedliche Zelltypen. Möglicherweise kann FCoV-23 dadurch – anders als der normale Auslöser von FIP – Zellen im Darm infizieren und wird mit den Fäkalien ausgeschieden. Außerdem hat das Protein nach Angaben des Forschungsteams keine spezielle »Sollbruchstelle«, an der es vor der Infektion von einem Enzym geschnitten werden muss. Dadurch ist es mutmaßlich stabiler in der Umwelt und länger in der Lage, weitere Katzen anzustecken.
Grundlegend neu an FCoV-23 ist, dass es die schwere Krankheit FIP direkt auszulösen scheint. Normalerweise entsteht FIP erst, wenn ein eigentlich harmloses Katzen-Coronavirus im Darm zu einem sehr krank machenden, aber nicht mehr ansteckenden Virus mutiert. Weshalb das so ist, ist jedoch noch völlig unklar. Ebenso unbekannt ist, weshalb das neue Virus anscheinend eine viel höhere Rate an neurologischen Symptomen verursacht, als man sie bei klassischer FIP sieht. Die Arbeitsgruppe will nun klären, wie die neuen Gene mit veränderten Symptomen zusammenhängen. Außerdem wollen die Fachleute nun systematisch Katzen auf FCoV-23 testen, um die wahre Häufigkeit zu ermitteln. Denn auch über den Krankheitsausbruch selbst sind noch viele grundlegende Fragen offen.
Bisher ist nicht einmal klar, wie groß der Ausbruch auf Zypern tatsächlich war – erste alarmierende Zahlen von 300 000 getöteten Katzen hatten sich als völlig übertrieben erwiesen. Inzwischen geht man von einigen tausend aus; wie viele Katzen in einem normalen Jahr auf der Insel an FIP sterben, ist nicht bekannt. Offen ist auch, wie es zu dem Gen-Austausch zwischen den beiden Viren kam, aus dem schließlich FCoV-23 hervorging. Allerdings weist die Arbeitsgruppe darauf hin, dass Katzen- und Hunde-Coronaviren bekanntermaßen immer mal wieder miteinander rekombinieren – genau wie Coronaviren vieler anderer Arten. Womöglich ist es reiner Zufall, dass hier bei einem alltäglichen Vorgang eine ungewöhnlich gefährliche Virusversion entstand.
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