News: Hungrige Frösche als Rechenkünstler
Wer nachts im trüben Wasser nach Insekten sucht und dabei kaum etwas sehen kann, muss sich schon einen besonderen Trick ausdenken, um satt zu werden. Afrikanische Krallenfrösche richten sich daher nach den Wasserwellen. Doch deren Informationen müssen sie mit mathematischen Kniffen entschlüsseln.
Er ist ein Star in vielen biologischen Forschungslaboratorien: Ein beträchtlicher Teil unseres Lehrbuchwissens zur Genetik und Entwicklung vielzelliger Tiere stammt aus Experimenten mit dem Krallenfrosch Xenopus laevis. Den vielen Erfolgen zum Trotz hegen die Amphibien aber noch Geheimnisse, an deren Entschlüsselung sich mittlerweile Biologen und Physiker gemeinsam versuchen. Woher weiß der Frosch eigentlich, in welcher Richtung ein ins Wasser gefallenes Insekt zappelt? So lautet eine der Fragen. Doch Xenopus weiß offenbar nicht nur, wo er seine Beute zu suchen hat, sondern auch im Voraus, wer oder was da wohl Wellen schlägt.
Den anatomischen Teil der Antwort kennt man schon seit geraumer Zeit. Die Detektoren für Wellen liegen als Seitenlinienorgane über den Froschkörper verteilt, meist in Reihen angeordnet. Etwa 180 dieser Sensoren hat das Tier – viel weniger als Reptilien und Fische, die typischerweise über mehrere Tausend Druckrezeptoren verfügen. Erreicht eine Welle so ein Seitenlinienorgan des Frosches, verbiegt sie vier bis acht elastische, Fähnchen-ähnliche Strukturen, die Cupulae genannt werden. An deren Basis befinden sich Haarzellen, die als Reaktion auf den Reiz elektrische Signale in den angeschlossenen Nervenzellen hervorrufen. Aus der Gesamtheit der Signale bestimmt Xenopus woher die Welle kommt und was sie verursacht haben könnte.
Dass diese Leistung eine gehörige Portion höherer Mathematik verlangt, haben nun deutsche Wissenschaftler von der Technischen Universität München und der Humboldt Universität in Berlin nachgewiesen. Das Team um Jan-Moritz Franosch stellte ein mathematisches Minimalmodell auf, das so einfach wie möglich gestrickt war, aber dennoch vergleichbare Ergebnisse lieferte wie das Nervensystem des Frosches. Dabei berücksichtigte es Parameter wie die Entfernung zwischen Froschkörper und Quelle, die Dämpfung des Reizes durch den Amphibienrumpf und die Viskosität. "Einfach" ist in diesem Zusammenhang also relativ zu sehen.
Um das Auf und Ab des Wassers ausreichend interpretieren zu können, muss das Signalmuster der Nerven mit einer Fouriertransformation bearbeitet werden, die es in seine einzelnen Bestandteile zerlegt. Dann ergibt sich, dass die Wellen aus jener Richtung kommen, in welcher die Nerven am schnellsten feuern. Und es ist sogar möglich, verschiedene Wellen mit unterschiedlichen Frequenzen voneinander zu trennen. Auf diese Weise unterscheidet Xenopus vielleicht Beute und weniger interessante Objekte anhand der Wellenfrequenz.
Ihr Modell lässt sich nach Aussage der Wissenschaftler auch auf andere aquatische Tiere mit Rezeptoren für mechanische Reizung, wie zum Beispiel Krokodile, übertragen. Anscheinend fällt es den zentralen Nervensystemen leicht, blitzschnell Analysen vorzunehmen, deren zugrundeliegende Gleichungen allen Nichtmathematikern und
-physikern höchst kompliziert vorkommen. Aber hat nicht schon im Märchen so manche Prinzessin erkennen müssen, dass in einem gewöhnlichen Frosch mitunter mehr steckt, als man annehmen möchte?
Den anatomischen Teil der Antwort kennt man schon seit geraumer Zeit. Die Detektoren für Wellen liegen als Seitenlinienorgane über den Froschkörper verteilt, meist in Reihen angeordnet. Etwa 180 dieser Sensoren hat das Tier – viel weniger als Reptilien und Fische, die typischerweise über mehrere Tausend Druckrezeptoren verfügen. Erreicht eine Welle so ein Seitenlinienorgan des Frosches, verbiegt sie vier bis acht elastische, Fähnchen-ähnliche Strukturen, die Cupulae genannt werden. An deren Basis befinden sich Haarzellen, die als Reaktion auf den Reiz elektrische Signale in den angeschlossenen Nervenzellen hervorrufen. Aus der Gesamtheit der Signale bestimmt Xenopus woher die Welle kommt und was sie verursacht haben könnte.
Dass diese Leistung eine gehörige Portion höherer Mathematik verlangt, haben nun deutsche Wissenschaftler von der Technischen Universität München und der Humboldt Universität in Berlin nachgewiesen. Das Team um Jan-Moritz Franosch stellte ein mathematisches Minimalmodell auf, das so einfach wie möglich gestrickt war, aber dennoch vergleichbare Ergebnisse lieferte wie das Nervensystem des Frosches. Dabei berücksichtigte es Parameter wie die Entfernung zwischen Froschkörper und Quelle, die Dämpfung des Reizes durch den Amphibienrumpf und die Viskosität. "Einfach" ist in diesem Zusammenhang also relativ zu sehen.
Um das Auf und Ab des Wassers ausreichend interpretieren zu können, muss das Signalmuster der Nerven mit einer Fouriertransformation bearbeitet werden, die es in seine einzelnen Bestandteile zerlegt. Dann ergibt sich, dass die Wellen aus jener Richtung kommen, in welcher die Nerven am schnellsten feuern. Und es ist sogar möglich, verschiedene Wellen mit unterschiedlichen Frequenzen voneinander zu trennen. Auf diese Weise unterscheidet Xenopus vielleicht Beute und weniger interessante Objekte anhand der Wellenfrequenz.
Ihr Modell lässt sich nach Aussage der Wissenschaftler auch auf andere aquatische Tiere mit Rezeptoren für mechanische Reizung, wie zum Beispiel Krokodile, übertragen. Anscheinend fällt es den zentralen Nervensystemen leicht, blitzschnell Analysen vorzunehmen, deren zugrundeliegende Gleichungen allen Nichtmathematikern und
-physikern höchst kompliziert vorkommen. Aber hat nicht schon im Märchen so manche Prinzessin erkennen müssen, dass in einem gewöhnlichen Frosch mitunter mehr steckt, als man annehmen möchte?
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