Sinneswahrnehmung: Hyperaktive Hörstörung
Wenn Kinder mit Hörstörungen verhaltensauffällig werden, gilt das als psychisches Problem: Ihr taubes Dasein bringe eine Menge alltäglicher Hindernisse mit sich, welche die kleinen Patienten nicht verkrafteten. Tatsächlich aber funktioniert bei 20 bis 95 Prozent von ihnen außer dem Gehör auch das Gleichgewichtsorgan nicht mehr richtig. Und dieser rein biologische Fehler kann hyperaktiv machen, wie nun ein Team von Wissenschaftlern um Jean Hébert vom Albert Einstein College of Medicine in New York bei Mäusen entdeckte.
Die Forscher schalteten bei ihren Versuchsmäusen ein Gen aus, das an der Sinneswahrnehmung im Innenohr beteiligt ist. Die so veränderten Mäuse waren erwartungsgemäß vollkommen taub – rannten aber außerdem unkoordiniert durch den Käfig.
Das aufgedrehte Verhalten der Mäuse ließ sich auf eine veränderte Aktivität im Striatum zurückführen – einer Hirnregion, die unsere Bewegungen steuert. Ins Gehirn hatten die Forscher aber durch das Ausschalten des Gens nicht direkt eingegriffen. Demnach funktionierte der Pfad für Reize von außen über Ohr und Gleichgewichtsorgan ins Gehirn nicht mehr richtig. Dem Striatum fehlte so die Information, die es für eine korrekte Bewegungssteuerung braucht.
Die Wissenschaftler wollen diesen Mechanismus genauer untersuchen, um so auch gehörlosen Menschen, die unter motorischer Unruhe leiden, besser helfen zu können. Aber nicht nur das: "Faszinierend ist auch die Überlegung", so schreiben die Forscher, "ob sensorische Störungen an anderen Sinnesorganen als dem Innenohr zu psychiatrischen oder motorischen Beeinträchtigungen beitragen, die bisher allein dem Gehirn zugeschrieben worden sind."
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