News: Im Dutzend billiger
Ein Bericht in der Ausgabe von Nature vom 12. März 1998 könnte uns jedoch zum Umdenken bewegen. John G. Spray von der University of New Brunswick in Kanada und seine Kollegen glauben, daß die Erde in die Schußlinie von mindestens fünf Körpern geriet – möglicherweise die Fragmente eines einzelnen größeren Körpers – die vor 214 Millionen Jahren, gegen Ende der triassischen Periode, innerhalb von wenigen Stunden auf der Erde einschlugen.
Auf den ersten Blick scheinen die weitverstreuten Einschlagstellen wenig gemeinsam zu haben, außer ihr ungefähr gleiches Alter. Die größte Einschlagstelle ist der Manicouagan-Krater (Bild des Krates, 299 kB) in Québec mit einem Durchmesser von ungefähr 100 km. Die anderen sind die Saint Martin-Struktur in West-Kanada mit einem Durchmesser von 40 km, der Rochechouart-Krater im französischen Zentralmassiv mit einem Durchmesser von 25 km, der Red Wing-Krater im Westen der USA mit einem Durchmesser von 9 km und die Obolon'-Struktur in der Ukraine mit einem Durchmesser von 15 km. Die meisten dieser Strukturen sind schon seit langer Zeit erodiert und unter jüngeren Sedimentschichten begraben.
Zugegeben, nach all dieser Zeit werden wir wahrscheinlich nie mehr in der Lage sein, zu beweisen, daß alle diese Einschläge innerhalb von Stunden passierten, sagen die Forscher. Argumentationshilfe muß die geographische Beziehung zwischen den Krater bieten. Die Frage ist, ob die Forscher so etwas wie einen ballistischen Bericht erstellen können, um festzustellen, ob all diese Objekte die Erde aus demselben Winkel trafen – genau wie beim unseligen Kometen Shoemaker-Levy 9, der auf den Jupiter stürzte. Das Bemerkenswerte ist – sie können.
Als die Wissenschaftler die Einschlagstellen auf der triassischen Erde auf einer Karte eintrugen, entdeckten sie, daß die drei großen Krater- Saint Martin, Manicougan und Rochechouart – damals auf demselben Breitengrad lagen, 22,8° Nord, und somit eine 4462 km lange Kette von Kratern bildeten. Die Wahrscheinlichkeit, daß dies ein Zufall ist, ist verschwindend gering.
Die Salve der Einschläge verlief allerdings nicht entlang dieses Breitengrades: Diese Linie stellte auf einer rotierenden Erde nur das Ziel einer Reihe von Einschlägen dar, die in einer bestimmten Flugbahn aus dem Weltraum kamen. Die exakte Flugbahn wird durch die kleineren Krater ersichtlich: Red Wing und Obolon'. Red Wing und Saint Martin liegen auf einem sogenannten "Großen Zirkel" um die Erde mit einem Winkel von 43,4° bezüglich des triassischen Äquators. Rochechouart und Obolon' liegen auf einem anderen großen Zirkel mit einem Winkel von etwas weniger als ungefähr 37,5°. Die Ähnlichkeit ist vielsagend und wahrscheinlich kein Zufall.
Es sieht so aus, als ob mindestens drei große Einschläge auf der Erde stattfanden, jeder begleitet von einem Schauer kleiner Fragmente, die alle innerhalb weniger Stunden aus derselben Flugbahn auf die Erde kamen, irgendwann vor 214 Millionen Jahren. Obwohl die Manicouagan-Struktur groß ist, ist sie nicht so groß wie die Chicxulub-Einschlagstruktur im Golf von Mexiko, die mit dem Verschwinden der Saurier am Ende der Kreidezeit vor 65 Millionen Jahren in Verbindung gebracht wird. Ging also die triassische Salve einher mit einer Ausrottung? Das Beweismaterial muß mit Vorbehalten betrachtet werden: Eine Massenvernichtung fand mit Sicherheit vor ungefähr 205 Millionen Jahren statt, aber es gibt auch einige Beweise für eine separate Dezimierung bestimmter Gruppen von Tieren und Pflanzen, die etwas früher stattfand, nämlich vor ungefähr 220 Millionen Jahren. Könnte dies mit einem Mehrfacheinschlag vor 214 Millionen Jahren in Zusammenhang stehen?
Ein weiteres zu untersuchendes Problem ist, wie Mehrfacheinschläge auf der Erde stattfinden konnten, die normalerweise mit den stärkeren Gravitationsfeldern viel größerer Planeten in Verbindung gebracht werden. Könnte ein strukturell schwacher Asteroid oder Komet sich der Erde so weit genähert haben, daß er den Gravitationskräften ausgesetzt war, die ausreichten, ihn zu zertrümmern?
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