News: Im Rampenlicht
Auch in der Chemie ist manchmal der Weg das Ziel. So entstehen bei vielen chemischen Reaktionen Zwischenprodukte, die allerdings nach Bruchteilen einer Sekunde schon wieder spurlos verschwinden. Ein neues Verfahren soll Licht in die Angelegenheit bringen - und das im wahrsten Sinne des Wortes.
Ihre Existenz dauert nicht einmal einen Wimpernschlag: eine tausendstel Sekunde oder sogar weniger. So lange existieren Moleküle, die als Zwischenprodukte bei chemischen Reaktionen anfallen. Ihr Nachweis stellt daher, gelinde gesagt, eine experimentelle Herausforderung dar.
Eine Herausforderung, der sich Jason Shear und Matthew Plenert von der University of Texas in Austin gestellt haben. Ihnen gelang es, die scheuen Moleküle förmlich ins Rampenlicht zu zerren, indem sie die bewährte Technik der Kapillar-Elektrophorese weiterentwickelten.
Bei diesem Verfahren wird im Prinzip einfach nur ein äußerst dünnes, aus Kieselglas bestehendes Rohr zwischen zwei Behältern mit Flüssigkeit gespannt und an beide Enden ein sehr starkes elektrostatisches Feld angelegt. Die Moleküle in der Flüssigkeit werden ionisiert und wandern daraufhin durch die Kapillare zum anderen Ende.
Und dabei reisen sie - je nach Größe und Ladung - mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Auf diese Weise lassen sich die Verbindungen also nach ihrer Ankunftszeit sortieren.
Shear und Plenert verengten nun zusätzlich die Mitte der jetzt sanduhrförmigen Kapillare auf einen Durchmesser von gerade einmal fünf Mikrometer. Dann ließen sie eine Lösung aus dem Neurotransmitter Serotonin und seinem Vorläufer Hydroxytryptophan durch das Röhrchen laufen.
Dabei stellten sie fest, dass die ganze Lösung, obwohl unterschiedlich geladene Ionen darin enthalten waren, praktischerweise nur in eine Richtung floss - zur negativ geladenen Elektrode. Nur wanderten positive Ionen schneller als neutrale, die wiederum schneller waren als negativ geladene Teilchen.
Sobald die Lösung dann die verengte Mitte der Kapillare erreichte, erhöhte sich zudem die Geschwindigkeit der Moleküle stark. Das war der geeignete Zeitpunkt für Shear und Plenert, sie mit einem Laserlichtpuls von der Dauer einer Mikrosekunde unter Beschuss zu nehmen.
Dadurch kam in der Lösung eine Photoreaktion in Gang, und es entstanden natürlich auch die gesuchten scheuen Zwischenprodukte. Und diese wiederum konnten die Wissenschaftler tatsächlich einfangen - zehn Mikrometer weiter. Dort wurde die Flüssigkeit erneut mit einem Laser beleuchtet, und die darin enthaltenen Moleküle – auch die kurzlebigen - wurden zum Leuchten angeregt, wodurch sie ihre Eigenschaften verrieten und sich analysieren ließen.
Noch dazu passierten die verschiedenen Verbindungen aufgrund ihrer unterschiedlichen Reisegeschwindigkeiten schön räumlich getrennt mit einem Abstand von etwa zehn Mikrometern den Laserstrahl. Ein Haar ist mit seinen 100 Mikrometern Dicke im Vergleich dazu riesig.
Diese schnelle Auflösung in so kurzer Zeit war allerdings nur möglich, weil die Atomverbindungen äußerst schnell zwischen den beiden Beleuchtungspunkten durch die verengte Kapillare hindurchschossen – etwa 100 Millionen Mal schneller als bei üblichen Trennungsmethoden. Die Zwischenprodukte hatten daher gar keine Zeit sich umzusetzen, ehe sie "fotografiert" wurden.
Aber trotz dieses Erfolges denken die Wissenschaftler immer noch an Verbesserungen. "Wir hoffen, die Analyse in Zukunft in weniger als einer Mikrosekunde durchführen zu können", meint Plenart. "Doch letztendlich kann das elektrische Feld nicht endlos erhöht werden. Und auch das Auflösungsvermögen ist begrenzt." Viel weniger als eine Mikrosekunde wird es also erst einmal nicht werden.
Doch was soll's? Schon jetzt ist das neue Verfahren geeignet, um tiefer in die Geheimnisse der Chemie und auch des Lebens blicken zu können. Und tatsächlich wollen sich Shear und Plenart demnächst eines hoch aktuellen Problems annehmen: Sie wollen herausfinden, wie und warum sich Proteine falten. Und warum das in einigen Fällen - zum Beispiel im Gehirn von Alzheimer-Patienten - so fürchterlich schief geht.
Eine Herausforderung, der sich Jason Shear und Matthew Plenert von der University of Texas in Austin gestellt haben. Ihnen gelang es, die scheuen Moleküle förmlich ins Rampenlicht zu zerren, indem sie die bewährte Technik der Kapillar-Elektrophorese weiterentwickelten.
Bei diesem Verfahren wird im Prinzip einfach nur ein äußerst dünnes, aus Kieselglas bestehendes Rohr zwischen zwei Behältern mit Flüssigkeit gespannt und an beide Enden ein sehr starkes elektrostatisches Feld angelegt. Die Moleküle in der Flüssigkeit werden ionisiert und wandern daraufhin durch die Kapillare zum anderen Ende.
Und dabei reisen sie - je nach Größe und Ladung - mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Auf diese Weise lassen sich die Verbindungen also nach ihrer Ankunftszeit sortieren.
Shear und Plenert verengten nun zusätzlich die Mitte der jetzt sanduhrförmigen Kapillare auf einen Durchmesser von gerade einmal fünf Mikrometer. Dann ließen sie eine Lösung aus dem Neurotransmitter Serotonin und seinem Vorläufer Hydroxytryptophan durch das Röhrchen laufen.
Dabei stellten sie fest, dass die ganze Lösung, obwohl unterschiedlich geladene Ionen darin enthalten waren, praktischerweise nur in eine Richtung floss - zur negativ geladenen Elektrode. Nur wanderten positive Ionen schneller als neutrale, die wiederum schneller waren als negativ geladene Teilchen.
Sobald die Lösung dann die verengte Mitte der Kapillare erreichte, erhöhte sich zudem die Geschwindigkeit der Moleküle stark. Das war der geeignete Zeitpunkt für Shear und Plenert, sie mit einem Laserlichtpuls von der Dauer einer Mikrosekunde unter Beschuss zu nehmen.
Dadurch kam in der Lösung eine Photoreaktion in Gang, und es entstanden natürlich auch die gesuchten scheuen Zwischenprodukte. Und diese wiederum konnten die Wissenschaftler tatsächlich einfangen - zehn Mikrometer weiter. Dort wurde die Flüssigkeit erneut mit einem Laser beleuchtet, und die darin enthaltenen Moleküle – auch die kurzlebigen - wurden zum Leuchten angeregt, wodurch sie ihre Eigenschaften verrieten und sich analysieren ließen.
Noch dazu passierten die verschiedenen Verbindungen aufgrund ihrer unterschiedlichen Reisegeschwindigkeiten schön räumlich getrennt mit einem Abstand von etwa zehn Mikrometern den Laserstrahl. Ein Haar ist mit seinen 100 Mikrometern Dicke im Vergleich dazu riesig.
Diese schnelle Auflösung in so kurzer Zeit war allerdings nur möglich, weil die Atomverbindungen äußerst schnell zwischen den beiden Beleuchtungspunkten durch die verengte Kapillare hindurchschossen – etwa 100 Millionen Mal schneller als bei üblichen Trennungsmethoden. Die Zwischenprodukte hatten daher gar keine Zeit sich umzusetzen, ehe sie "fotografiert" wurden.
Aber trotz dieses Erfolges denken die Wissenschaftler immer noch an Verbesserungen. "Wir hoffen, die Analyse in Zukunft in weniger als einer Mikrosekunde durchführen zu können", meint Plenart. "Doch letztendlich kann das elektrische Feld nicht endlos erhöht werden. Und auch das Auflösungsvermögen ist begrenzt." Viel weniger als eine Mikrosekunde wird es also erst einmal nicht werden.
Doch was soll's? Schon jetzt ist das neue Verfahren geeignet, um tiefer in die Geheimnisse der Chemie und auch des Lebens blicken zu können. Und tatsächlich wollen sich Shear und Plenart demnächst eines hoch aktuellen Problems annehmen: Sie wollen herausfinden, wie und warum sich Proteine falten. Und warum das in einigen Fällen - zum Beispiel im Gehirn von Alzheimer-Patienten - so fürchterlich schief geht.
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