Ichthyologie: Im Trüben funkeln
Fische gelten gemeinhin als eher unkommunikative Genossen, die selbst am Angelhaken zappelnd noch schweigen. Tatsächlich sind sie aber ganz und gar beredte Tiere - nur ihre Art der Kommunikation ist bisweilen ungewöhnlich, wie das Augenspiel des amerikanischen Buckelsaugkarpfens zeigt.
Besonders "gesprächige" Menschen werden gerne auch als stumm wie ein Fisch bezeichnet. Doch entspricht diese Titulierung in Wahrheit ganz und gar nicht dem eigentlichen Wesen der Schuppenträger – nutzen sie doch ein ganzes Potpourri an unterschiedlichen Lautäußerungen, die sich uns, mangels entsprechend angepasstem Gehör, einfach nur nicht erschließen. Der ordinäre Hering beispielsweise vermag sich mittels gezielt anal abgesetzter Gasbläschen seinen Artgenossen mitzuteilen, wie vor wenigen Jahren kanadische Forscher an rein technisch abgehörten Fischschwärmen ermittelten. Und je größer die Heringszusammenkünfte waren, desto kommunikativer, sprich blubbender gaben sich die einzelnen Mitglieder.
Unter Wasser ist also nicht himmlische Ruhe, sondern eher ein Höllenlärm. Doch wie verständigen sich die Tiere, wenn das Wasser selbst so laut ist, dass sie ihr eigenes Wort nicht mehr verstünden – etwa in einem Wildwasserfluss, wie es der Colorado einst einmal war, bevor seine tosenden Stromschnellen durch zahllose Dämme für die längste Zeit des Jahres gezähmt wurden? Eine Lösung haben nun offensichtlich Ichthyologen und Verhaltensforscher um Inigo Novales Flamarique von der Simon-Fraser-Universität im kanadischen Burnaby entdeckt, als sie den seltenen Saugkarpfen Xyrauchen texanus im großen Strom des US-amerikanischen Südwesten beobachteten.
Außerhalb der Paarungszeit zieht sich der Fisch denn auch in tiefere Wasserschichten zurück, in die kaum mehr UV-Licht vordringt und in denen das Tier folglich eher "schweigt". Ohnehin könnte das Signal für Xyrauchen texanus mittlerweile auch ein ökologisches Problem sein, denn die Art ist heute stark bedroht. Die zahllosen Dämme entlang des Colorado schneiden die einzelnen Populationen voneinander ab, statt des früher eher warmen, trüben Wassers fließt nun kühles und deutlich klareres Nass den Strom hinab, in denen sich eingeführte Fremdarten deutlich wohler fühlen als der Saugkarpfen. Zu allem Überfluss befinden sich darunter auch Raubfische, die Xyrauchen texanus als Nahrung nicht verschmähen – das weiße Signal könnte die Jäger direkt zur Beute lotsen.
Kabeljau und Knurrhahn setzen dagegen eher auf ihre Schwimmblasen, um sich mit ihrer Umwelt zu verständigen – Letzterer trägt seine Lautäußerung sogar im Namen. Denn reibt ein Knurrhahn seine Schwimmblase gegen die umgebenden Gräten, so entsteht ein knarzendes Geräusch, das störenden Eindringlingen im Revier mitteilt: "Bis hierher und nicht weiter, sonst werde ich ungemütlich." Bootsmannfische wiederum lassen während der Brautumwerbung ihre Schwimmblase per Muskelspannung derart kräftig brummen, dass über ihrem Balzplatz ankernde Yachtbesitzer sich durchaus über ihre wie aus dem Nichts vibrierenden Boote wundern. Und der Süßwassertrommler besitzt zwei so genannte Trommelmuskeln, die über eine große Sehne miteinander verbunden sind. Zieht der Fisch die beiden Muskeln rasch zusammen, dann schnellt die Sehne nach unten, knallt auf die Schwimmblase und gebiert einen Schallstoß – eine ganze Serie an kurzen Schlägen klingt quasi wie ein Trommelwirbel.
Unter Wasser ist also nicht himmlische Ruhe, sondern eher ein Höllenlärm. Doch wie verständigen sich die Tiere, wenn das Wasser selbst so laut ist, dass sie ihr eigenes Wort nicht mehr verstünden – etwa in einem Wildwasserfluss, wie es der Colorado einst einmal war, bevor seine tosenden Stromschnellen durch zahllose Dämme für die längste Zeit des Jahres gezähmt wurden? Eine Lösung haben nun offensichtlich Ichthyologen und Verhaltensforscher um Inigo Novales Flamarique von der Simon-Fraser-Universität im kanadischen Burnaby entdeckt, als sie den seltenen Saugkarpfen Xyrauchen texanus im großen Strom des US-amerikanischen Südwesten beobachteten.
Unterwasserstudien sind in diesem Gewässer relativ schwierig, denn es führt über weite Strecken reichhaltig Sedimente und Schwebstoffe mit sich, die den Fluss eintrüben und die Sicht entsprechend mindern. Außerdem verharrt Xyrauchen texanus die meiste Zeit gut getarnt am Grund, was die Arbeit der Forscher auch nicht leichter macht. Eigentlich wollten sie das Laichverhalten der Art dokumentieren und filmen, doch von Zeit zu Zeit bemerkten die Wissenschaftler zwei helle Lichtblitze, die rund eine halbe Sekunde dauerten. Beim genaueren Hinsehen entpuppten sie sich schließlich als das Weiß verdrehter Augen der männlichen Fische: Es reflektiert das selbst im milchigen Wasser in einem Meter Tiefe noch einfallende Restlicht der Sonne reflektiert. Das Signal war fast fünfmal so intensiv wie die Reflexion vom Flussgrund.
Da es vor allem funkelte, wenn sich Geschlechtsgenossen näherten, vermutete Flamariques Team, dass das Augenrollen vor allem als Imponiersignal der Saugkarpfen dient, mit dem sie ihr Revier abgrenzen. Eine Hypothese, die sich in anschließenden Aquarientests bestätigte: Beiderseits eines Bassins angebrachte Fischmodelle mit weißen Diodenaugen blinkten abwechselnd auf und scheuchten dadurch die eingesetzten Testmännchen permament von einer Seite auf die andere – sie suchten stets die Nähe des gerade nicht leuchtenden Apparats auf und mieden den anderen. Weibchen zeigten sich dagegen unbeeindruckt und wiesen keine ausgeprägte Präferenz vor, sodass die Augensprache wohl kaum der Balz dient. Allerdings sind die weiblichen Fische ohnehin vorwiegend im offenen Wasser unterwegs, wohin sie die potenziellen Besamer während der Paarung im Dutzend aus der Umgebung locken.
Messungen ergaben, dass die Blitze vor allem im ultravioletten Wellenlängenbereich des Lichts aufleuchten, woran die Augen wiederum optimal angepasst sind. Denn sie besitzen hochempfindliche Zäpfchen für UV-Licht, die zudem völlig im unteren Bereich der Netzhaut angesiedelt sind, wo die Leuchtsignale vom Boden aus zuerst eintreffen – nach Angaben der Wissenschaftler der bislang erste Nachweis derart eingeschränkt lokalisierter UV-Zäpfchen bei einem Wirbeltier. Deshalb ist es wahrscheinlich kein Zufall, dass die Laichzeit von Xyrauchen texanus noch vor den Frühjahrshochwassern stattfindet, in denen die Flüsse ursprünglich besonders viel eintrübende Sedimente mit sich führten. Denn ultraviolettes Licht wird von den Partikeln sehr stark gestreut, sodass das Augensignal zu dieser Zeit nahezu wirkungslos wird.
Außerhalb der Paarungszeit zieht sich der Fisch denn auch in tiefere Wasserschichten zurück, in die kaum mehr UV-Licht vordringt und in denen das Tier folglich eher "schweigt". Ohnehin könnte das Signal für Xyrauchen texanus mittlerweile auch ein ökologisches Problem sein, denn die Art ist heute stark bedroht. Die zahllosen Dämme entlang des Colorado schneiden die einzelnen Populationen voneinander ab, statt des früher eher warmen, trüben Wassers fließt nun kühles und deutlich klareres Nass den Strom hinab, in denen sich eingeführte Fremdarten deutlich wohler fühlen als der Saugkarpfen. Zu allem Überfluss befinden sich darunter auch Raubfische, die Xyrauchen texanus als Nahrung nicht verschmähen – das weiße Signal könnte die Jäger direkt zur Beute lotsen.
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