News: Immer weitere Puzzleteile
"Die Stelle enthält zwei Lagen Material oder Auswürfe, die durch den Einschlag herausgeschleudert wurden und die wie eine zähe Flüssigkeit über die Oberfläche strömte. Solche Flüssigkeiten kennt man unter dem Namen fluidized ejecta lobes", fügte Pope hinzu. "Dies ist die dem Chicxulub-Krater am nächsten gelegene Auswurfstelle, die bis jetzt gefunden wurde. Sie ist das eindrucksvollste Beispiel eines wirklich großen Einschlagkraters, das es auf der Erde gibt."
Der Chicxulub-Krater an der Küste von Yucatan in Mexiko hat einen geschätzten Durchmesser von ungefähr 200 km. Der Einschlag vor 65 Millionen Jahren wirbelte eine weltumspannende Wolke aus Staub und Schwefelgasen auf, die verhinderte, daß das Sonnenlicht durch die Atmosphäre drang und die Temperaturen auf der Erde für ein Jahrzehnt in die Nähe des Gefrierpunktes sinken ließ. Der Temperaturabfall und die damit zusammenhängenden Umwelteinflüsse haben nach Meinung vieler Wissenschaftler das Aussterben der Dinosaurier und von ungefähr 75 Prozent der anderen Spezies auf der Erde ausgelöst.
Die Erde umkreist die Sonne in einem Schwarm sogenannter erdnaher Objekte, Kometen oder Asteroiden, aber die Wissenschaft, mit deren Hilfe sie entdeckt und aufgespürt werden, ist immer noch relativ jung. Nur eine Handvoll Astronomen auf der Welt suchen nach diesen Objekten. Die Forscher schätzen, daß gegenwärtig nur ungefähr ein Zehntel der erdnahen Objekte entdeckt wurden. Chicxulub ist der einzige Einschlag solcher erdnaher Objekte, der bis heute mit der Auslöschung ganzer Spezies in Verbindung gebracht wurde. Der Aufprall wurde geologisch auf den Übergang zwischen Kreidezeit und Tertiär, auch als K/T-Grenze bekannt, datiert.
Der Geologe Brian Holland aus Punta Gorda, Belize, führte die Expedition zu einer anderen neuen Auswurfstelle ungefähr 480 km vom Rand des Kraters entfernt. Diese Belize-Stelle enthält Tektite, kleine, flaschengrüne oder braune bis schwarze Glaskörper. Tektite entstehen beim Einschlag großer extraterristrischer Körper, wobei geschmolzenes oder verdampftes Gesteinsmaterial (Stoßwellenmetamorphose) weiträumig ausgeschleudert wurde. Das Expeditionsmitglied Jan Smit von der Freien Universität Amsterdam bemerkte, daß die Belize-Tektite jenen, die in Haiti und Nord-Mexiko gefunden wurden, ähnlich sind. Diese Erkenntnis verknüpft die Stratigraphie der Belize-Stellen mit den weiter entfernten Auswurfstellen in der Karibik und in Mexiko.
Alfred Fischer von der University of Southern California, Michael Gibson von der University of Tennessee in Martin, sowie Jaime Urrutia und Francisco Vega von der Universidad Nacional Autónoma de México halfen dem Team 400 kg Proben, einschließlich Bohrkernen, für paläomagnetische Studien zu sammeln. Sie sammelten auch Fossilien an dieser Stelle, um so die Ablagerungen datieren und dem Puzzle "Was passierte in Chicxulub vor 65 Millionen Jahren" neue Teile hinzufügen zu können.
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