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Immunologie: Terminatoren auf Mission

Ein wehrhafter Körper verlangt nach Handlangern, die gelegentlich auch einmal die robuste Drecksarbeit übernehmen, gefährliche Widersacher erkennen und eliminieren. Beteiligt an vorderster Front ist die Aufklärungsabteilung der "NK-Zellen". Sie arbeitet offenbar anders und weit mobiler als bislang vermutet.
NK-Zellen in Leberkapillaren
Klingt nach Krimi, einem Killer bei der Arbeit zuzusehen – für Frederic Geissman von der New York University School of Medicine und seine Kollegen sollte es aber der Lohn innovativer Bastelarbeit werden. Die Forscher hatten sich in den Kopf gesetzt, natürliche Killerzellen, live und "in Life" – heißt in lebenden Mäusen – auszuspionieren, während die spezialisierten Immunzellen ihrem Daseinszweck nachgehen: ihrer Patrouille durch Blutgefäße und Organe auf der Suche nach zu zerstörenden Keimen und Krankheitsauslösern.

NK-Zellen in Leberkapillaren | Natürliche Killerzellen (fluoreszenzmarkiert als hellgrünen Punkte sichtbar) patroullieren in den Blutgefäßen der Leber sogar gegen den Blutstrom.
Eine knifflige Aufgabe für die Forscher: Sie verlangte nach einem geeigneten Überwachungsgerät – in Form eines auch lebende Materie durchleuchtenden Mikroskopes –, und einer an den zu beobachtenden Objekten festgezurrten Leucht-Markierung, welche den Aufenthaltsort der im Normalfall schlecht sichtbaren Immunzellen auch in ihrem bewegten Alltag sichtbar macht.

Den nötigen Licht-Anker, ein fluoreszierendes Marker-Molekül, montierten die Wissenschaftler auf gentechnischem Weg an die Außenwand der Zellen. Dabei ersetzte das Leuchtgen die Bauanleitung des Zellmoleküls CXCR6. Dieses Eiweiß hat offenbar besondere Bedeutung für die Bewegung und Zielerkennung der Killerzellen: Mäuse ohne funktionsfähige CXCR6-Moleküle erkranken beispielsweise häufiger an chronischer Hepatitis. Vielleicht, weil die Killerzellen der Mutanten nicht wie gewohnt ihrer Arbeit nachgehen können?

Im Normalfall animieren körperfremde Antigene die im Blut zirkulierenden natürlichen Killerzellen oder NK-Zellen zum Festhaken an der Gefäßwand, so die gängige Vorstellung ihrer Arbeitsweise, und dazu, in geschädigte Körpergewebe einzudringen, wo sie anschließend weitere Immunzellen rekrutieren und Abwehrmaßnahmen einleiten. Defekte in der Mobilität derjenigen Killerzellen, deren CXCR6 mit Leuchtmarkern ersetzt wurde, sollten unter dem Mikroskop nun gut sichtbar werden, meinten Geissman und Kollegen.

Was ein klarer Fall von falscher Erwartung war, wie sich nach den über Stunden andauernden Untersuchungen zeigte. Die Wissenschaftler erlebten dabei gleich mehrere Überraschungen – zuvorderst die, dass die CXCR6-losen Mutantenzellen sich als durchaus hoch beweglich zeigten. Die Zellen glitten in den per Mikroskop beobachteten Kapillaren der Mäuseleber – in die ein Antigen zur Aktivierung der Killerzellen injiziert wurde – sehr agil durcheinander.

Und dies teilweise sogar entgegen dem durchaus stark strömenden Blutstrom. Mit der Killerzell-Bewegung und Anheftung an sich, so die Schlussfolgerung der Wissenschaftler, kann entgegen bisheriger Vermutung CXCR6 nicht viel zu tun haben.

Außerdem scheint es gar nicht zu stimmen, dass Killerzellen aus den Gefäßen heraus ins Gewebe einwandern: Alle leuchtenden NK-Zellen verblieben über längere Zeit innerhalb der Leberkapillaren. Das überrascht, sind diese Aderverengungen doch angefüllt mit dem ungefilterten potenziell schädlichen Chemiecocktail, der gerade aus der Nahrung aufgenommen wurde und durch die Entgiftungsstation Leber geleitet werden soll. Den Killerzellen scheint die Umgebung nichts auszumachen – sie sind die bislang ersten Vertreter der zellvermittelten Immunabwehrabteilung, die offenbar aus dem Blutgefäß heraus statt im Gewebe agieren. Wie dies vonstatten gehen könnte, bleibt noch ein Rätsel.

Nachteilige Wirkungen des CXCR6-Verlustes konnten die Forscher zunächst an ihren Versuchs-Killerzellen nicht ausmachen. Offenbar aber, so die einzig sichtbare Veränderung, leben die markierten Kandidaten ohne CXCR6 weniger lange – wobei sie aber in der verkürzten Lebenszeit zu funktionieren scheinen wie immer.

Ein Negativergebnis, also? Nun, auch unerwartete Erkenntnisse sind ja Erkenntnisse: Klar geworden ist immerhin, dass CXCR6 eine ganz unvermutete Funktion außerhalb der Mobilitätsvermittlung von NK-Zellen hat, und dass die Arbeitsweise der Immunzellen anders abläuft als gedacht.

Das alles gibt doch viele Ansatzpunkte für weitere Forschungsbemühungen – schließlich soll einmal chronische Hepatitis behandelbar werden, indem die vermeintlich beteiligten fehlgeleiteten Killerzell-Auslöser wieder auf den rechten Pfad gebracht werden. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Um nicht den falschen Killer außer Gefecht zu setzten dürfte sich allemal lohnen, so genau hinzuschauen wie die Forscher um Geissman.

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