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Immunsystem: Fische bekämpfen Infektionen mit »Verhaltensfieber«

Nil-Buntbarsche suchen gezielt wärmeres Wasser auf, um Bakterien abzuwehren. Die höhere Umgebungstemperatur dient als Fieber-Ersatz, um das Immunsystem anzukurbeln.
Viele Buntbarsche an der Wasseroberfläche dicht an dicht.
Oreochromis ist eine Fischgattung aus der Familie der Buntbarsche. Verschiedene Arten kommen in Seen und Flüssen des subsaharischen Afrika, im Einzugsbereich des Nil und im Nahen Osten vor. Sie gelten als besonders robust und anpassungsfähig.

Manche Fische setzen auf eine clevere Strategie gegen Infektionen: Sind Nil-Buntbarsche (Oreochromis niloticus) mit dem Bakterium Edwardsiella piscicida infiziert, suchen sie aktiv wärmeres Wasser auf. Sie imitieren so Fieber und aktivieren damit ihr Immunsystem, berichtet ein Forscherteam von der East China Normal University im Journal »PNAS«.

Fieber ist eine Abwehrreaktion des Körpers. Es bremst die Vermehrung von Krankheitserregern und regt das Immunsystem an. Gleichwarme Tiere wie Menschen erhöhen bei Infektionen ihre Körpertemperatur. Wechselwarme Tiere wie Fische haben diese Möglichkeit jedoch nicht. Wollen sie ihre Körpertemperatur steigern, müssen sie Bereiche mit einer höheren Umgebungstemperatur aufsuchen, beispielsweise in wärmeres Wasser schwimmen.

Nil-Buntbarsche bevorzugen Gewässer mit einer Temperatur von 28 bis 30 Grad Celsius. Die Versuchstiere der Studie konnten frei zwischen Becken mit einer Wassertemperatur von 28 Grad, 31 Grad oder 34 Grad Celsius wählen. Lag bei ihnen eine bakterielle Infektion vor, schwammen sie gezielt in die wärmsten Becken und verweilten dort bis zu fünf Tage.

Die höhere Körpertemperatur aktivierte in Gehirn und Milz der Tiere Gene, die den programmierten Zelltod (Apoptose) von so genannten T-Lymphozyten verhindern. Diese stellen gemeinsam mit den B-Lymphozyten die erworbene (adaptive) Immunantwort dar. Die Wirkung dieses »Verhaltensfiebers« wird laut der Studie durch das Protein HSP70 vermittelt. Es blockiert Enzyme, die den Zelltod der Immunzellen fördern. Dadurch überleben mehr T-Zellen und die Immunantwort bleibt stark. Die erhöhte Körpertemperatur hemmte zudem die Enzyme Caspase-8 und Caspase-3, die T-Zellen abbauen.

Frühere Studien hatten gezeigt, dass Fieber vor allem die angeborene Immunabwehr unterstützt. Die aktuellen Ergebnisse belegen, dass auch die erworbene Immunantwort gestärkt wird. Sie zeigen zudem, dass die Fähigkeit, eine erhöhte Körpertemperatur herbeizuführen, eine uralte Überlebensstrategie ist. Sie hat sich demnach schon vor der Entstehung gleichwarmer Tiere entwickelt und könnte ein entscheidender Überlebensvorteil gewesen sein.

  • Quellen
PNAS 10.1073/pnas.2408969121, 2024

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