Körperabwehr: Immunverteidigung fängt Keime mit Klebnetz
Defensine sind die unterschätzten Kernkampftruppen der "angeborenen Immunantwort" – jener evolutionsgeschichtlich alten, aber auch erstaunlich ausgereiften ersten Verteidigungslinie des Körpers gegen die Attacken von Pilzen, Bakterien und anderen Pathogenen. Wie Defensine wirken, haben Forscher aber erst begonnen herauszufinden. Ganz offenbar gehen die verschiedenen kleinen, im Aufbau recht uniformen Immunpeptide auf überraschend vielfältige Weise vor, meint nun ein Immunologenteam um Charles Bevin von der University of California in Davis: Manche Defensine immobilisieren und neutralisieren ihre Gegner im Verdauungstrakt wirksam mit klebrigen, selbstgesponnenen Netzfäden.
Bisher hatten viele Wissenschaftler sich demnach wohl zu simple Vorstellungen über die Wirkung der verschiedenen Subtypen der beiden großen Familien gemacht, den Alpha- und Beta-Defensinen. Alle sind kurze Aminosäureketten aus weniger als 50 Bausteinen, die von verschiedenen Immun- und Epithelzellen bei einer Immunreaktion vermehrt produziert werden. Bekannt waren vor allem Wirkungsweisen wie die des (Alpha)-Defensin-5: Es stanzt umstandslos Löcher in die Zellwände angreifender Bakterien und kann so zum Beispiel gegen Anthraxbakterien wirken.
So, haben Forscher gedacht, arbeiten wohl die meisten Defensine. Man hatte allerdings auch schon seltene Theta-Defensine untersucht, die im Menschen unter bestimmten Umständen im Knochenmark gebildete werden und die Zellmembranen mit einer Art Zuckerpanzer verkleben, der Viren ein Eindringen verbietet. Bevins Team entdeckte nun mit dem Netzklebetrick von Alpha-Defensin-6 einen neuen Kniff in Mäusen: Die Dünndarmzellen der Tiere scheiden Defensin-6-Moleküle ab, die sich zu klebrigen Netzen verknüpfen und damit die Schwachstellen der Darmwand schützen.
Die Defensinnetze halten dabei die Vertiefungen zwischen den fingerförmigen Vili-Ausstülpungen der Darmpithels frei von allen gutartigen und bösartigen Keimen und Pilzen, so die Forscher. Von Zeit zu Zeit spült dann womöglich eine vom Grund der Gruben abgeschiedene Flüssigkeit die Netze frei und schwemmt die gefangenen Keime weg.
Die Forscher vermuten, mit den Defensinen einer möglichen Ursache von Morbus-Crohn auf der Spur zu sein: Viele von der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung Betroffene produzieren bekanntermaßen deutlich weniger Alpha-Defensine-5 und -6; bei allen Patienten scheint zudem die Abdichtung der Darmwand zum Körper unzureichend zu sein. Ein lückenhaft gebildetes Defensinnetz könnte eine Ursache dafür sein, glauben Bevin und Co.
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