Guatemala: Imposante Wandreliefs unter Mayapyramide aufgedeckt
Einst überragte die Pyramide "El Diablo" die Mayastadt El Zotz in Guatemala. Bereits 2009 stießen Wissenschaftler der US-amerikanischen Brown University innerhalb der Mauern auf einen Tempel aus dem 4. Jahrhundert n. Chr., der später überbaut worden war. Die Freilegung von aufwändigen Reliefs und Steinmasken an dessen Außenwand eröffnet den Forschern nun tiefere Einblicke in Machtstrukturen und Religion der dortigen Maya.
Rund eineinhalb Meter hohe Masken zeigen als vorherrschendes Motiv die verschiedenen Phasen der Sonne, die als Gott Kinich Ahau verehrt wurde. "Die Sonne war ein Symbol für königliche Abstammung, Identität und Einfluss", erklärt Grabungsleiter Stephen Houston. Der Anthropologe und seine Kollegen entdeckten im Jahr 2010 unter dem Tempel das Grab eines Mayaherrschers.
Mit dem "Temple of the Night Sun" – wie die Forscher ihn inzwischen tauften – wollten die Maya aber wohl nicht nur ihre einflussreichen Ahnen dem Göttlichen näherbringen. Er diente auch als Machtsymbol der herrschenden Dynastie – und als Warnung für die Bewohner der umliegenden Städte, mit denen die Maya aus El Zotz teilweise verfeindet waren. In sattem Rot bemalt war das Bauwerk vermutlich im Schein der auf- und untergehenden Sonne auch noch mehr als 20 Kilometer weit zu sehen.
Auffällige Zerstörungsspuren deuten darauf hin, so Houston, dass die Maya den Tempel möglicherweise gar als lebendiges Geschöpf betrachteten. Bevor sie ihn unter einem neueren Bauwerk begruben, zertrümmerten sie die Nasen und Münder der Masken, um sie so zu "deaktivieren", mutmaßt der Forscher. Bei den Maya war es üblich, Bauwerke nicht abzureißen, sondern zu überbauen. So ist aus der Mayastadt Copán der außerordentlich gut erhaltene Tempel "Rosalila" aus dem 6. Jahrhundert n. Chr. bekannt, der ebenfalls reich verziert und rot angemalt war.
Trotz der aufwändigen Bauweise wurde der Tempel in El Zotz laut Houston vermutlich nur kurz genutzt, weil um 400 n. Chr. eine andere Herrscherlinie an die Macht kam. Mit Hilfe von Zeichnungen und 3-D-Rekonstruktionen will das Team nun das Bauwerk samt Wandverzierung so darstellen, wie es vor 1600 Jahren ausgesehen haben muss. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg: Kaum 30 Prozent des Tempels sind bisher freigelegt.
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