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Prüfverfahren: In den Tropen schützen Sonnenbrillen nicht genug

Gute Sonnenbrillen müssen vor allem genug UV-Licht von den Augen fernhalten. Aber wird das wirklich angemessen überprüft?
Sonnenbrille

Sonnenbrillen lassen womöglich zu viel schädliches UV-Licht ans Auge – und dies selbst dann, wenn die Gläser gängigen Prüfstandards entsprechen. Das gelte zumindest für Weltgegenden wie das sonnige Brasilien, meinen die Ingenieurwissenschaftler Mauro Masili und Liliane Venturat von der Universität Sao Paulo nach Tests mit einem Sonnensimulator. Ihnen zufolge altern die Gläser dabei schnell, werden womöglich brüchig und lassen deshalb in ihrer UV-Filterfunktion nach – weshalb Prüfverfahren verschärft und Normierungen angepasst werden sollten.

Typischerweise wird für Haltbarkeitstest der integrierten UV-Filter bei den recht ähnlichen australischen, europäischen und US-amerikanischen Normierungen Brillenglas mehr als 50 Stunden mit simuliertem Sonnenlicht aus einer 450-Watt-Xenon-Gasentladungslampe bestrahlt. Nur so (und in weiteren Kategorien) erfolgreich geprüfte Gläser entsprechen dann der Norm, zum Beispiel der in Europa seit 2013 gültigen EN ISO 12312-1:2013. Solche Bestrahlungstests reichen allerdings nicht aus, um die Sicherheit einer Sonnenbrille im tropischen Alltag über ihre typische Lebensdauer zu gewährleisten, meinen jetzt Masili und Venturat. Sie hatten zuvor berechnet, wie viel Sonnenlicht in Brasilien und Ländern ähnlicher Breiten tatsächlich auf Gläser trifft, die zwei Jahre lang rund zwei Stunden täglich getragen werden. Diese Menge entspreche einem Test, bei dem der Sonnensimulator aus 50 Millimeter Entfernung länger als üblich, nämlich genau 67,3 Stunden, auf zu testende Gläser strahlt. Dabei müsse die Temperatur des Geräts aber berücksichtigt werden, weil das Material sonst beschädigt werden könnte, verraten die Forscher aus ihren Laborerfahrungen.

Mehr als auf Nummer sicher würde eine Prüfung gehen, so die Forscher, wenn man die Gläser für 604 Stunden belichtet. Des entspreche einer Sonneneinstrahlung von zwei Jahren, in denen die Brille täglich zwölf Stunden getragen und immer exakt in Richtung Sonne ausgerichtet werde – ein allerdings, so die Forscher, "eher unrealistisches Szenario".

Nicht nur die Testverfahren, sondern die einzuhaltende Norm wird immer wieder als womöglich ungenügend kritisiert – etwa in Europa, wo sie nur den UV-Schutz bis zu einer Wellenlänge von 380 Nanometern abdeckt. Der international und medizinisch empfohlene Wert liegt bei 400 Nanometern, was hier zu Lande etwa durch den freiwilligen, nicht standardisiert getesteten Zusatz "UV 400" angezeigt wird. Ein Schutz gegen blaues Licht im Wellenlängenbereich von 400 bis 470 Nanometern wird nicht erfasst, obwohl Mediziner vermuten, dass dieses "Blaulicht" ebenso wie UV-Strahlung bei der Entstehung von Linsen- und Netzhauterkrankungen eine Rolle spielt. Tatsächlich tauchen auch Sonnenbrillen auf, die keine Norm abdecken und so ein Gesundheitsrisiko sind. Empfohlen wird, beim Kauf von Sonnenbrillen beim Fachmann darauf zu achten, ob CE-Kennzeichen vorhanden sind. Die ungeprüfte Kennzeichnung "UV 400" sagt im schlimmsten Fall kaum etwas über die UV-Filterung aus, die Tönung der Gläser sicher gar nichts: Ob dunkel oder hell, wichtig für den Lichtschutz sind nur die an der Tönung nicht erkennbaren integrierten UV-Filter.

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