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News: In die Zange genommen

Zwei Millionen Menschen, die meisten davon afrikanische Kinder, fallen dem Malaria-Parasiten jährlich zum Opfer. Die Suche nach einem erfolgreichen Impfstoff schlug - trotz vieler hoffnungsvoller Ansätze - bisher fehl. Vielleicht haben Wissenschaftler jetzt mehr Glück.
Plasmodium
Im Versteckspiel mit dem Immunsystem hat er die Nase vorn: Plasmodium falciparum, der gefährlichste Erreger der Tropenkrankheit Malaria. Kaum wurde ein neues Medikament oder viel versprechender Impfstoff entwickelt, zeigt sich der Parasit auch schon dagegen resistent. Außerdem bewohnt er in seinem Wirt verschiedene Zellen, ändert ständig seine Form und sein Protein-Mäntelchen und erschwert damit den Abwehrspezialisten des infizierten Körpers, den Eindringling zu identifizieren und unschädlich zu machen. Eine Achillesferse ist bisher nicht gefunden – kein Wunder, dass daher alle bekannten Strategien gegen den Keim irgendwann erfolglos waren.

Eric Prieur von der University of Oxford und seine Kollegen wollen sich nun nicht auf eine potenzielle Schwachstelle konzentrieren, sondern Plasmodium von mehreren Seiten gleichzeitig attackieren. Dazu entwickelten sie ein Genkonstrukt, in dem sie mehrere Bauanleitungen für sechs typische Proteine verknüpften, die der Parasit bei seinem Wechsel von den Leber- in die Blutzellen normalerweise mit sich trägt. Gelingt es, den Erreger genau an jenem Zeitpunkt seines Lebenslaufes anzugreifen, können die klinischen Folgen der Infektion – die bekannten Fieberschübe und Schüttelfrostanfälle – mindestens gebremst, wenn nicht verhindert werden: Sie entstehen erst durch das Eindringen der Merozoiten in die Blutzellen und dortigen Aktivitäten.

Um diese riesige Sammelkonstruktionsanleitung nun in die Betroffenen zu bringen – in diesem Fall Mäuse –, wählten die Forscher zwei verschiedene Poxviren als Transportvehikel, also Verwandte des Pockenerregers, die aber bei Tieren Erkrankungen auslösen. Entsprechend modifiziert, schleusen sie weiterhin fremdes Erbgut in Zellen ein, können sich aber nicht mehr vervielfältigen und lösen auch keine Krankheiten mehr aus.

Prieur und seine Kollegen spritzten dabei den Versuchstieren zunächst eine erste Impfstoffration, um dann nach ein bis zwei Wochen eine zweite Dosis zu verabreichen, und zwar entweder mit demselben Vehikel oder dem vorher nicht benutzten Virus. Anschließend ermittelten sie anhand der Konzentrationen der Abwehrzellen im Blut, wie gut die körpereigene Verteidigung nunmehr geschult war.

Und sie hatte ihre Hausaufgaben offenbar gründlich gemacht, insbesondere, wenn sie bei den beiden Impfterminen mit den verschiedenen Transportvehikeln konfrontiert wurde: Dann erreichten die Zellzahlen der spezifischen, auf die sechs Plasmodium-Proteine zugeschnittenen Abwehrspezialisten im Blut und der Milz Anteile von mehreren Prozent in der Gruppe jener Immunzellen. Damit wären die Tiere bestens gegen eine Plasmodium-Infektion gerüstet.

Der Ansatz, gleich mehrere Erkennungsmerkmale des Virus in einem Impfstoff zu vereinen, hat mehrere Vorteile. Zum einen erschwert es dem Erreger, dagegen resistent zu werden, und erleichtert umgekehrt dem Immunsystem, eine angemessene Antwort zu entwickeln, da ihm mehrere Wege offenstehen. Außerdem ist die Herstellung eines Impfstoffs mit einem Genkonstrukt einfacher und vor allem billiger, als eine Sammlung von Einzelimpfstoffen herzustellen, die jeweils nur auf ein Parasiten-Protein abzielen.

Ob der neue Ansatz aber auch wirklich die Erwartungen erfüllt, die an ihn gestellt werden, müssen nun Tierversuche beweisen – den Mäusen blüht also die Spritze mit einer guten Dosis Plasmodium, damit ihr Immunsystem seine Lernerfolge auch anwenden kann. Und erst dann wird sich zeigen, ob auch der Schritt zu klinischen Studien zu empfehlen ist.

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