Fischerei: In Frankreich treiben massenhaft verstümmelte Delfine an
Seit Anfang 2019 haben Umweltschützer und Meeresökologen mindestens 1100 tote Delfine an der französischen Atlantikküste gefunden – viele davon waren schwer verstümmelt. Sie befürchten jedoch, dass die wirklichen Zahlen zehnmal so hoch sein könnten: Viele Kadaver werden nicht an Land gespült, sondern sinken auf den Meeresgrund. Sollten sich diese Zahlen bestätigen und nicht wieder fallen, bedeute dies mittelfristig eine ernste Gefahr für das Überleben der europäischen Population der Tiere. Das berichtet der »Guardian« unter Bezug auf Wissenschaftler des französischen Observatoire Pelagis in La Rochelle.
Viele der Delfine wiesen schwere Verletzungen auf, die entweder direkt zum Tod geführt haben oder ihnen nachträglich zugefügt wurden, wie Autopsien belegen. Denn die Wunden deuten darauf hin, dass sich die Meeressäuger in Fischfangnetzen verheddert hätten, so Lamya Essemlali von der Naturschutzorganisation Sea Shepherd gegenüber dem »Guardian«. Beim Versuch, sich zu befreien, hätten sich die Delfine dann selbst schwer verletzt – oder aber die Schnitte und Verstümmelungen entstanden, als Fischer die Kleinwale aus den Netzen entfernten. Verantwortlich sein sollen die Trawlerflotten, die vor der französischen Atlantikküste nach Wolfsbarsch oder Seehecht fischen. Im März 2019 hatte Sea Shepherd Aufnahmen veröffentlicht, die das Vorgehen der Fischer belegen. Meist fischen zwei Schiffe im Team und spannen ein Netz zwischen sich. Darin verfangen sich auch die Delfine und ertrinken. Als Beifang gehen die Tiere dann über Bord.
Eigentlich ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass die Flotten akustische Warnsignale verwenden, um Delfine zu verscheuchen. Doch viele Fischer schalteten diese Alarmanlagen wohl nicht ein – aus Angst, dies könne ebenso die Fische verscheuchen, so Essemlali. Das zeigt auch das Video ihrer Organisation: Erst als die Fischer bemerkten, dass sie gefilmt wurden, setzten sie das Warnsignal in Betrieb. Die Zahl der toten Delfine an französischen Küsten stieg zudem während der letzten drei Jahre dramatisch an. »Wir haben noch nie so hohe Zahlen wie momentan registriert«, erklärte Willy Daubin von der Université de La Rochelle gegenüber Associated Press. Sie lägen jetzt schon über dem bisherigen Rekord aus dem Jahr 2018, welches bereits schlimmer ausfiel als 2017. »Und selbst dieses war das schlimmste der vergangenen 40 Jahre«, sagte Daubin.
Another dolphin drowned in commercial fishing net confirms that trawlers aren't using acoustic repellants. The fishermen on this French vessel caught red-handed threaten Sea Shepherd observers. For more info: https://t.co/VYMSPPXqwk#OpDolphinByCatch#Francepic.twitter.com/FcQd8O8GNV
— Sea Shepherd (@seashepherd) 25. März 2019
Diesen rasanten Anstieg führt Essemlali auch auf die Freigabe verschiedener Formen der Seehechtfischerei zurück, deren Bann vor drei Jahren aufgehoben wurde. Jedes Jahr könnten deshalb mindestens 6500 bis 10 000 Tiere in französischen Atlantikgewässern sterben, schätzen die Fachleute. Sie mahnen daher strengere Regelungen und Kontrollen der Fischerei an.
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