News: In Reih und Glied
Mit Flüssigkristallen verhielt es sich bislang so wie mit Gurken: Es gab eigentlich nur eine Richtung, in der sich die lang gestreckten Moleküle sinnvollerweise ausrichten konnten. Mit bananenartigen Molekülen kommt nun ein wenig mehr Abwechslung ins Spiel.
Einerlei ob Digitaluhr, Flachbildschirm oder Handy: Flüssigkristallanzeigen – kurz LCDs für Liquid Crystal Display – stecken in einer Vielzahl elektronischer Geräte. Doch was sind Flüssigkristalle überhaupt, und warum lassen sich mit ihnen Anzeigen bauen?
Die erste Frage ist schnell beantwortet: Wie schon der Name sagt, handelt es sich bei ihnen um eine Zustandsform der Materie, die zwischen ungeordneter Flüssigkeit und geordnetem Kristall liegt. In der Regel bestehen Flüssigkristalle aus lang gestreckten Molekülen, die sich in unterschiedlicher Art und Weise zueinander anordnen können. Im elektrischen Feld weisen die Moleküle jedoch alle in die gleiche Richtung, was man sich für die LC-Displays zunutze macht. Denn hier wird das Licht zuvor durch einen Polarisationsfilter in seiner Schwingungsebene festgelegt. Diese Polarisationsrichtung passt jedoch nicht zu den ausgerichteten Molekülen, weshalb der Flüssigkristall im elektrisch geschalteten Zustand lichtundurchlässig wird und somit schwarz erscheint.
In normalen (nematischen) Flüssigkristallen macht es nun keinen Unterschied, ob die Moleküle irgendwie verdreht oder zueinander versetzt stehen – einzig die Orientierung der langen Achse der Moleküle ist entscheidend. Doch bereits 1970 sagte Marvin Freiser vom Thomas J. Watson Research Center des Computerherstellers IBM voraus, dass es bei lang gezogenen flachen Molekülen auch andere Ordnungsmöglichkeiten geben könnte. In der "biaxialen nematischen" Phase besteht nämlich nicht mehr nur die Möglichkeit, die Moleküle in die gleiche Richtung zeigen zu lassen, aufgrund des unsymmetrischen Querschnitts kann nun auch ihren Seiten eine Ausrichtung verpasst werden – schön zu sehen am Vergleich zwischen platten Bandnudeln mit runden Spaghetti: Während orientierte Spaghetti nur in die gleiche Richtung weisen können, besteht bei den Bandnudeln zusätzlich noch die Option, die flachen Seiten gleich auszurichten.
So einfach sich das Prinzip anhört, so kompliziert gestaltete sich die Suche nach solchen Molekülen. Nach vielen vermeintlichen Entdeckungen gelang es erst kürzlich, einen solchen biaxialen Zustand zu erzeugen – allerdings nur in einem vergleichsweise komplizierten System an eher großen Molekülen. Bei kleinen Molekülen, die sich prinzipiell auch für Anzeigeelemente eignen können, funktionierte die Orientierung indes nicht.
Nun endlich gelang es zwei Forscherteams, eine solche biaxiale nematische Phase zweifelsfrei nachzuweisen. Louis Madsen und Kollegen von der University of North Carolina erzeugten zunächst jene Moleküle, die aufgrund ihrer lang abstehenden Kohlenwasserstoff-Ketten eher an Bananen als an Bandnudel erinnern – aber das macht ja nichts, Hauptsache irgendetwas sorgt für eine Symmetriebrechung und weitere Orientierungsmöglickeiten. Und die gibt es bei Bananen selbstverständlich. Denn auch wenn ihre Spitze grob in die gleiche Richtung weist, dann ist damit noch längst nicht bestimmt, wohin ihr Bauch zeigt. Die stark geladenen Teile der Moleküle, das vermuteten Madsen und Co sollten den Molekülbäuchen jedenfalls auch eine einheitliche Ausrichtung verpassen.
Tatsächlich ließ sich diese nachweisen. Dem Team um Madsen gelang das mit Hilfe der kernmagnetischen Resonanz (NMR) – eine physikalische Messmethode, die sich die Messung des Eigendrehimpulses (Spin) von Atomkernen zunutze macht [1]. Zunächst versahen die Forscher jedoch einem Teil der Moleküle mit dem schweren Wasserstoffisotop Deuterium, denn mit seiner Hilfe lässt sich das räumliche Arrangement der Flüssigkristallmoleküle leichter aufklären. Bestätigung für die Ergebnisse kam außerdem von einem Forscherteam um Bharat Acharya von der Kent State University [2].
Hier schickten die Forscher einen Röntgenstrahl auf einen Behälter mit dem Flüssigkristall. Anhand des Beugungsbildes ließ sich dann auf die Struktur der Probe schließen. Wäre hier nur ein Beugungsreflex aufgetaucht, dann hätte es sich um einen normalen nematischen Flüssigkristall gehandelt, da jedoch zwei Reflexe zu sehen waren, musste es sich tatsächlich um eine biaxiale nematische Phase handeln.
Damit scheint sich nun endlich nach 30 Jahren die theoretische Arbeit aus den Siebzigern zu bestätigen. Forscher-Kollegen wie David Walba von der University of Colorado in Boulder finden das "ziemlich cool nach all den Jahren." Wenngleich noch die Frage besteht, was sich nun mit den neuen Flüssigkristallen anfangen lässt. Bessere Displays? Vielleicht. Ed Samulski spekuliert, dass gebogene Flüssigkristallmoleküle in kürzerer Zeit als bisher möglich schalten können, denn schließlich lässt sich eine Drehung schneller bewerkstelligen als eine neue Ausrichtung.
Die erste Frage ist schnell beantwortet: Wie schon der Name sagt, handelt es sich bei ihnen um eine Zustandsform der Materie, die zwischen ungeordneter Flüssigkeit und geordnetem Kristall liegt. In der Regel bestehen Flüssigkristalle aus lang gestreckten Molekülen, die sich in unterschiedlicher Art und Weise zueinander anordnen können. Im elektrischen Feld weisen die Moleküle jedoch alle in die gleiche Richtung, was man sich für die LC-Displays zunutze macht. Denn hier wird das Licht zuvor durch einen Polarisationsfilter in seiner Schwingungsebene festgelegt. Diese Polarisationsrichtung passt jedoch nicht zu den ausgerichteten Molekülen, weshalb der Flüssigkristall im elektrisch geschalteten Zustand lichtundurchlässig wird und somit schwarz erscheint.
In normalen (nematischen) Flüssigkristallen macht es nun keinen Unterschied, ob die Moleküle irgendwie verdreht oder zueinander versetzt stehen – einzig die Orientierung der langen Achse der Moleküle ist entscheidend. Doch bereits 1970 sagte Marvin Freiser vom Thomas J. Watson Research Center des Computerherstellers IBM voraus, dass es bei lang gezogenen flachen Molekülen auch andere Ordnungsmöglichkeiten geben könnte. In der "biaxialen nematischen" Phase besteht nämlich nicht mehr nur die Möglichkeit, die Moleküle in die gleiche Richtung zeigen zu lassen, aufgrund des unsymmetrischen Querschnitts kann nun auch ihren Seiten eine Ausrichtung verpasst werden – schön zu sehen am Vergleich zwischen platten Bandnudeln mit runden Spaghetti: Während orientierte Spaghetti nur in die gleiche Richtung weisen können, besteht bei den Bandnudeln zusätzlich noch die Option, die flachen Seiten gleich auszurichten.
So einfach sich das Prinzip anhört, so kompliziert gestaltete sich die Suche nach solchen Molekülen. Nach vielen vermeintlichen Entdeckungen gelang es erst kürzlich, einen solchen biaxialen Zustand zu erzeugen – allerdings nur in einem vergleichsweise komplizierten System an eher großen Molekülen. Bei kleinen Molekülen, die sich prinzipiell auch für Anzeigeelemente eignen können, funktionierte die Orientierung indes nicht.
Nun endlich gelang es zwei Forscherteams, eine solche biaxiale nematische Phase zweifelsfrei nachzuweisen. Louis Madsen und Kollegen von der University of North Carolina erzeugten zunächst jene Moleküle, die aufgrund ihrer lang abstehenden Kohlenwasserstoff-Ketten eher an Bananen als an Bandnudel erinnern – aber das macht ja nichts, Hauptsache irgendetwas sorgt für eine Symmetriebrechung und weitere Orientierungsmöglickeiten. Und die gibt es bei Bananen selbstverständlich. Denn auch wenn ihre Spitze grob in die gleiche Richtung weist, dann ist damit noch längst nicht bestimmt, wohin ihr Bauch zeigt. Die stark geladenen Teile der Moleküle, das vermuteten Madsen und Co sollten den Molekülbäuchen jedenfalls auch eine einheitliche Ausrichtung verpassen.
Tatsächlich ließ sich diese nachweisen. Dem Team um Madsen gelang das mit Hilfe der kernmagnetischen Resonanz (NMR) – eine physikalische Messmethode, die sich die Messung des Eigendrehimpulses (Spin) von Atomkernen zunutze macht [1]. Zunächst versahen die Forscher jedoch einem Teil der Moleküle mit dem schweren Wasserstoffisotop Deuterium, denn mit seiner Hilfe lässt sich das räumliche Arrangement der Flüssigkristallmoleküle leichter aufklären. Bestätigung für die Ergebnisse kam außerdem von einem Forscherteam um Bharat Acharya von der Kent State University [2].
Hier schickten die Forscher einen Röntgenstrahl auf einen Behälter mit dem Flüssigkristall. Anhand des Beugungsbildes ließ sich dann auf die Struktur der Probe schließen. Wäre hier nur ein Beugungsreflex aufgetaucht, dann hätte es sich um einen normalen nematischen Flüssigkristall gehandelt, da jedoch zwei Reflexe zu sehen waren, musste es sich tatsächlich um eine biaxiale nematische Phase handeln.
Damit scheint sich nun endlich nach 30 Jahren die theoretische Arbeit aus den Siebzigern zu bestätigen. Forscher-Kollegen wie David Walba von der University of Colorado in Boulder finden das "ziemlich cool nach all den Jahren." Wenngleich noch die Frage besteht, was sich nun mit den neuen Flüssigkristallen anfangen lässt. Bessere Displays? Vielleicht. Ed Samulski spekuliert, dass gebogene Flüssigkristallmoleküle in kürzerer Zeit als bisher möglich schalten können, denn schließlich lässt sich eine Drehung schneller bewerkstelligen als eine neue Ausrichtung.
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