Entomologie: In Teufels Garten
Im Ziergrünumfeld des Menschen ist oft eines klar: Wenn der Löwenzahn keck sein Köpfchen aus dem Englischen Rasen reckt, liegt der Griff zur chemischen Keule nahe. Ameisen sind uns dabei mitunter ähnlich, denn auch bei ihnen gärtnern manche leidenschaftlich gerne - inklusive Gifteinsatz.
Im Regenwald des Amazonasbeckens wuchert eine Artenvielfalt, die Myriaden ungewöhnlicher Geschöpfe hervorbringt wie den Candiru-Fisch, der bisweilen schmarotzend in die Harnröhre Badender eindringt, suppentellergroße Spinnen, rosa Flussdelfine, Blut saugende Fledermäuse oder den Roten Uakari, einen glatzköpfigen Affen. Bei all diesem sonderlichen Getier ist es dann auch kein Wunder, dass die Menschen dieser Wildnis eine Vielzahl von Mythen, Legenden und Märchen entwickelt haben, die sich rund um die Tiere und Pflanzen ihrer Heimat ranken.
So wird laut dem Volk der Shuar dereinst die Anakonda mit einer Flut das Ende der Welt bringen. Und nach den Erzählungen der Cario-Indianer zieht nächtens der Mapinguari durch die Tiefen des Dschungels – eine Art Riesenfaultier, das einen wahrhaft bestialischen Geruch verbreiten soll und sogar unbedarfte Jäger tötet. Vielleicht verbirgt sich hinter der einen oder anderen Sage tatsächlich ein Körnchen Wahrheit, eine unbekannte Verhaltensweise von Tieren oder eine neue Art. Aber mangels wissenschaftlicher Erkenntnisse erklären und deuten in diesen Fällen Erzählungen die Geheimnisse des Waldes.
Ähnlich nebulös wie für die Cario die nächtlichen Schreie und das heimliche Leben des mysteriösen Mapinguari sind für die Matses-Indianer im Amazonasbecken Perus die so genannten "Diablo Chacra", die Teufelsgärten: Mitten in einem der artenreichsten Ökosysteme der Erde tauchen plötzlich lichte und monotone Vegetationsflecken auf, in denen nur eine einzige Baumart dominiert – das Rötegewächs Duroia hirsuta. Wer sonst als ein böser Geist könnte hierfür verantwortlich sein, wo doch im gesamten Umfeld das Leben vor Fülle nur so strotzt?
Beides ist theoretisch möglich, und deshalb testeten nun Biologen um Megan Frederick von der Stanford-Universität das entsprechende Verhalten der Krabbeltiere vor Ort im peruanischen Urwald. Über mehrere Jahre hinweg pflanzten die Forscher in verschiedene Teufelsgärten unterschiedlicher Größe jährlich je zwei Schösslinge des Westindischen Zedernholzbaums (Cedrela odorata). Einer von beiden wurde mit einem klebrigen Insektenschutz vor möglichen Attacken bewahrt, der andere dagegen voll den Unbilden der rauen Natur ausgesetzt.
Sobald die eifrigen Hüter des Gartens auf die vermeintlichen Eindringlinge aufmerksam wurden, begannen sie ihre Attacke. Was aber bei den protegierten Zedern mangels Angriffsmöglichkeit ins Leere lief, endete tödlich für deren schutzlosen Kompagnons: Innerhalb von 24 Stunden starben die meisten Blätter des kleinen Baums ab, und nach fünf Tagen war er fast vollständig entlaubt – ganz im Gegensatz übrigens zu unbehandelten Kontrollzedern im Wald außerhalb der Teufelsgärten, obwohl es auch dort vor Fraßfeinden wimmelt.
Nun wollten die Wissenschaftler wissen, ob dieses aggressive Verhalten der Insekten gegen fremde Pflanzen ebenfalls ausgelöst wird, wenn diese ihnen ähnlich wie Duroia hirsuta als Dormatia bezeichnete Hohlräume im Stamm als Unterkünfte anbieten. Doch selbst das Anbringen von künstlichen Schlafstätten an Cedrela odorata bewahrte die Bäume nicht vor dem Untergang. Dagegen wurden selbst Exemplare des Rötegewächses, denen die Dormatia entfernt wurden, von den Kerfen in Ruhe gelassen. Die Tiere wissen anscheinend sehr wohl zwischen den Pflanzenarten zu unterscheiden und verschonen jene, die ihnen potenziellen Nutzen bringen.
Mit diesem den Gewächsen gegenüber diabolischen Verhalten sichert Myrmelachista schumanni für sich selbst und vor allem den zahlreichen Nachwuchs eine ökologische Nische mit sicherer Heimstatt und ausreichendem Wohnraum. Frederick schätzt, dass in einer einzigen durchschnittlichen Kolonie bis zu 15 000 Königinnen und drei Millionen Arbeiterinnen leben können. Mit dem Einsatz ihres körpereigenen Herbizids erweitern sie ihr Reich beständig und bewahren es so womöglich über die Jahrhunderte. Der größte untersuchte Teufelsgarten könnte durchaus seit 800 Jahren existieren – im schnelllebigen Regenwald nicht nur in den Augen der Indianer ein durchaus sagenhaftes Alter.
So wird laut dem Volk der Shuar dereinst die Anakonda mit einer Flut das Ende der Welt bringen. Und nach den Erzählungen der Cario-Indianer zieht nächtens der Mapinguari durch die Tiefen des Dschungels – eine Art Riesenfaultier, das einen wahrhaft bestialischen Geruch verbreiten soll und sogar unbedarfte Jäger tötet. Vielleicht verbirgt sich hinter der einen oder anderen Sage tatsächlich ein Körnchen Wahrheit, eine unbekannte Verhaltensweise von Tieren oder eine neue Art. Aber mangels wissenschaftlicher Erkenntnisse erklären und deuten in diesen Fällen Erzählungen die Geheimnisse des Waldes.
Ähnlich nebulös wie für die Cario die nächtlichen Schreie und das heimliche Leben des mysteriösen Mapinguari sind für die Matses-Indianer im Amazonasbecken Perus die so genannten "Diablo Chacra", die Teufelsgärten: Mitten in einem der artenreichsten Ökosysteme der Erde tauchen plötzlich lichte und monotone Vegetationsflecken auf, in denen nur eine einzige Baumart dominiert – das Rötegewächs Duroia hirsuta. Wer sonst als ein böser Geist könnte hierfür verantwortlich sein, wo doch im gesamten Umfeld das Leben vor Fülle nur so strotzt?
Zum unheimlichen Ruf dieser eintönigen Bestände und ihrem "höllischen" Ambiente haben wahrscheinlich ihre Wächter ein gehöriges Maß beigetragen, denn die Bäume werden von einem Millionenheer an Ameisen der Art Myrmelachista schumanni energisch verteidigt, die symbiontisch in eigens dafür vorgesehenen Hohlräumen der Pflanze hausen: Fraßfeinden, die sich am Blattwerk der Pflanzen delektieren möchten, wird schnell der Garaus bereitet. Was aber bewahrt diese Duroia-Bestände überhaupt so rein? Hält sich die Pflanze die Konkurrenz durch Gifteinsatz vom Leib – ein Prozess, den die Wissenschaft als Allelopathie bezeichnet? Oder sind vielmehr die Ameisen als emsige Gärtnerschar dafür verantwortlich?
Beides ist theoretisch möglich, und deshalb testeten nun Biologen um Megan Frederick von der Stanford-Universität das entsprechende Verhalten der Krabbeltiere vor Ort im peruanischen Urwald. Über mehrere Jahre hinweg pflanzten die Forscher in verschiedene Teufelsgärten unterschiedlicher Größe jährlich je zwei Schösslinge des Westindischen Zedernholzbaums (Cedrela odorata). Einer von beiden wurde mit einem klebrigen Insektenschutz vor möglichen Attacken bewahrt, der andere dagegen voll den Unbilden der rauen Natur ausgesetzt.
Sobald die eifrigen Hüter des Gartens auf die vermeintlichen Eindringlinge aufmerksam wurden, begannen sie ihre Attacke. Was aber bei den protegierten Zedern mangels Angriffsmöglichkeit ins Leere lief, endete tödlich für deren schutzlosen Kompagnons: Innerhalb von 24 Stunden starben die meisten Blätter des kleinen Baums ab, und nach fünf Tagen war er fast vollständig entlaubt – ganz im Gegensatz übrigens zu unbehandelten Kontrollzedern im Wald außerhalb der Teufelsgärten, obwohl es auch dort vor Fraßfeinden wimmelt.
Die Ameisen setzen dabei zum Schutze ihrer Wirtspflanze allerdings nicht auf ein mechanisches Entblättern durch Bisse, sie gehen viel radikaler gegen die Störgewächse vor – mit Ameisensäure, wie chemische Analysen enthüllten. Indem die Insekten dieses Gift den unerwünschten Blättern entlang ihrer Gefäßbahnen injizieren, gelangt es schnell in jede Verästelung der Pflanze und führt dort zu Nekrosen. Folglich wird sie von innen heraus abgetötet und als Konkurrenz beseitigt.
Nun wollten die Wissenschaftler wissen, ob dieses aggressive Verhalten der Insekten gegen fremde Pflanzen ebenfalls ausgelöst wird, wenn diese ihnen ähnlich wie Duroia hirsuta als Dormatia bezeichnete Hohlräume im Stamm als Unterkünfte anbieten. Doch selbst das Anbringen von künstlichen Schlafstätten an Cedrela odorata bewahrte die Bäume nicht vor dem Untergang. Dagegen wurden selbst Exemplare des Rötegewächses, denen die Dormatia entfernt wurden, von den Kerfen in Ruhe gelassen. Die Tiere wissen anscheinend sehr wohl zwischen den Pflanzenarten zu unterscheiden und verschonen jene, die ihnen potenziellen Nutzen bringen.
Mit diesem den Gewächsen gegenüber diabolischen Verhalten sichert Myrmelachista schumanni für sich selbst und vor allem den zahlreichen Nachwuchs eine ökologische Nische mit sicherer Heimstatt und ausreichendem Wohnraum. Frederick schätzt, dass in einer einzigen durchschnittlichen Kolonie bis zu 15 000 Königinnen und drei Millionen Arbeiterinnen leben können. Mit dem Einsatz ihres körpereigenen Herbizids erweitern sie ihr Reich beständig und bewahren es so womöglich über die Jahrhunderte. Der größte untersuchte Teufelsgarten könnte durchaus seit 800 Jahren existieren – im schnelllebigen Regenwald nicht nur in den Augen der Indianer ein durchaus sagenhaftes Alter.
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