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Robotik: "Industrieroboter werden neue Marktsegmente erobern"

Das Robotikzentrum der Fachhochschule Darmstadt gehört zu den führenden Forschungsinstituten in Deutschland. Um Projekte effizient vorantreiben zu können, wird dort immer wieder auf die Hilfe seitens der Industrie gesetzt. Prof. Dr. Wolfgang Weber, Leiter des Instituts, sieht die Zukunft des Labors in einer verstärkten Kooperation der beteiligten Fachbereiche.
spektrumdirekt:
Guten Tag Herr Weber, was macht die Forschung?

Prof. Dr. Wolfgang Weber:
Wir arbeiten zusammen mit
Prof. Dr. Wolfgang Weber forscht und lehrt seit 1994 an der FH Darmstadt | Prof. Dr. Wolfgang Weber forscht und lehrt seit 1994 an der Fachhochschule Darmstadt im Fachbereich Elektro- und Informationstechnologie. Davor war er elf Jahre im Forschungszentrum Karlsruhe beschäftigt. Sein Spezialgebiet ist die Modellierung und Regelung von Robotern. Im erst vor wenigen Jahren gegründeten Robotikzentrum Darmstadt forscht er an der nächsten Generation von Industrierobotern.
der Universität Gießen-Friedberg an der modellbasierten Regelung von Robotern. Eine höhere Genauigkeit der Bewegungen erreichen wir dadurch, dass die Steuersysteme der Knickarmroboter Rückmeldungen über die Bewegungen des Systems erhalten. Es werden also nicht nur vorgegebene Bewegungsabläufe verfolgt, sondern die real auftretenden Kräfte gemessen. Dadurch erzielen wir eine genauere und effizientere Steuerung des Robot-Systems.

spektrumdirekt:
Glauben Sie, dass Grundlagenforschung – wie Sie sie betreiben – nur mit staatlicher Förderung betrieben werden kann oder auch der Wirtschaft überlassen werden könnte?

Weber:
Staatlich finanzierte Grundlagenforschung ist – zumindest in Deutschland – in der Industrierobotik unabdingbar. Viele Unternehmen der Branche gehören dem Mittelstand an. Die Zeiträume von Forschung und Entwicklung bis zum ökonomischen Einsatz sind einfach zu groß, als dass sich kleine Unternehmen eigene Forschungsabteilungen leisten könnten. Jedoch engagieren sich viele Unternehmen in der staatlichen Forschung und unterstützen uns finanziell oder durch Sachspenden.

spektrumdirekt:
Würden Sie sagen, dass die Industrierobotikforschung an Hochschulen bei der Finanzierung bewusst knapp gehalten wird, da es möglich ist, Mittel aus der Wirtschaft aufzutreiben?

Weber:
Die Industrierobotertechnik ist sehr nahe an der Wirtschaft angesiedelt. Bei Servicerobotern gibt es hingegen größere staatliche Programme, aber die Wirtschaft ist an ihnen momentan noch nicht sonderlich interessiert. Um unsere Forschungen effizient vorantreiben zu können, müssen wir auf die Unterstützung von Industrieunternehmen zurückgreifen. Jedoch dürfen die Einflüsse von Seiten der Wirtschaft natürlich nicht überhand nehmen.

spektrumdirekt:
Wie lange dauert es noch, bis der Alltag in Deutschland ohne Roboter nicht mehr vorstellbar ist?

Weber:
Eines der größten Probleme ist immer noch, dass Roboter mit unstrukturierten Umgebungen nur sehr schwer klar kommen. Ein Industrieroboter folgt 24 Stunden am Tag einem festgelegten Bewegungsablauf. Er "weiß" genau, welche Bewegungen er machen darf und welche nicht, da sich seine Umgebung nie verändert. Ein Serviceroboter, der sich durch einen belebten Haushalt bewegen soll, steht vor ungleich größeren Problemen: Er muss Menschen, Tieren oder Gegenständen ausweichen, ohne einen genauen Plan des Hauses zu besitzen. In dieser Hinsicht wird es frühestens in acht bis zehn Jahren marktreife Systeme geben.

spektrumdirekt:
In welche Richtung wird sich die Robotik in den nächsten Jahrzehnten entwickeln?

Weber:
Die Industrieroboter werden neue Marktsegmente erobern. Darunter zum Teil Bereiche, in denen sie schon heute ab und zu eingesetzt werden. Dazu zählen in erster Linie die Montage, Verpackung oder die Bestückung. Sie werden über bessere Sensorik verfügen, wozu auch die Bildverarbeitung ihren Beitrag leisten wird. Darüber hinaus wird sich die Robotertechnik weiter spezialisieren. Das Modell "ein Roboter für alle Aufgaben", welches in den Anfängen der Roboterforschung verfolgt wurde, ist mittlerweile aus Kosten- und Effizienzgründen überkommen.

spektrumdirekt:
Und in technischer Hinsicht?

Weber:
Ein Ausblick ist selbstverständlich die Bildverarbeitung: In einigen Jahren hoffen wir, auch Industrieroboter mit Kameras und Bildverarbeitungssoftware ausstatten zu können, so dass diese sich ein Bild ihrer Umgebung machen und ihre eigenen Bewegungen direkt koordinieren können. Damit wären sie erstmals auch in der Lage, auf Veränderungen ihrer Umgebung zu reagieren.

spektrumdirekt:
Welchen Stellenwert hat die deutsche Robotikforschung im internationalen Vergleich?

Weber:
In Deutschland haben wir einen sehr guten Stand. Es gibt viele Einrichtungen und Organisationen, die sich mit Robotik beschäftigen. Von 1997 bis zum Jahr 2000 mussten wir eine Durststrecke überwinden, jetzt blicken wir wieder nach vorne. Andere Spitzenländer sind selbstverständlich die USA und Japan, aber auch Italien und die skandinavischen Länder, sowie Belgien und Holland.

spektrumdirekt:
Was wird Ihrer Meinung nach der nächste entscheidende Durchbruch in der Robotik sein?

Weber:
Das ist schwer abzuschätzen. Die Bereitschaft der Wirtschaft ist sehr wichtig, die staatliche hängt zu sehr an der Stimmung der Bevölkerung. Das größte Manko des momentanen Entwicklungsstandes ist, dass Einzelprojekte kaum noch sinnvoll sind. Gruppen unterschiedlicher Fachbereiche sind wichtig. Und hierfür muss man auch erst einmal die Sprachbarrieren abbauen, die sich durch jahrzehntelange Spezialisierung ergeben haben.

spektrumdirekt:
Vielen Dank für das Gespräch.

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