Insektenmigration: Distelfalter trotzen der Sahara
Distelfalter (Vanessa cardui) sind dafür bekannt, dass sie weite Strecken zurücklegen, um aus Afrika in ihre europäischen Sommerquartiere zu gelangen. Nun haben Forscher um Gao Hu von der Landwirtschaftlichen Universität Nanjing herausgefunden, dass diese Wanderfalter auch die Sahara durchqueren, wenn die Bedingungen günstig sind. Wuchsen in einem Jahr sowohl in der Savanne der Subsahara als auch in Nordafrika ausreichend Pflanzen und treibt Rückenwind die Falter vorwärts, gelingt die Wüstenquerung. Insgesamt bis zu 14 000 Kilometer fliegen die Insekten in einem Jahr. Wie die Forscher im Fachblatt »PNAS« angeben, sei dies der längste bekannte Migrationszyklus bei einem Insekt.
Für ihre Studie werteten die Forscher die Daten ehrenamtlicher Beobachter aus. Ebenso bezogen sie Klimadaten ein. Alles in allem deckten sie damit eine Region vom Golf von Guinea in Westafrika bis Skandinavien ab. Das Ergebnis: Wenn die Raupen des Distelfalters ausreichend Blätter von Pflanzen fressen können, die in feuchten Wintern in der Subsahara gedeihen, dann entwickeln sich im Frühling genügend Schmetterlinge, die durch die Sahara gen Norden strömen. Dabei benötigen die Tiere günstigen Rückenwind in einer Höhe von zirka drei Kilometern über dem Meeresspiegel. Womöglich spiele es auch eine gewisse Rolle, schreiben die Forscher, dass die Distelfalter gelegentlich Stopps einlegen können, um Nektar zu tanken – sofern eine entsprechende Vegetation vorhanden ist.
Treffen die Falter in Nordafrika ebenfalls auf genügend Grün, legen sie dort Eier und vergrößern so ihre Population. Bisweilen fliegen die Tiere in solchen Etappen weiter bis Skandinavien. Dabei produzieren sie immer wieder neue Nachfahren, bis sie nach einem Jahr wieder nach Afrika zurückgekehrt sind. Zwischen 12 000 und 14 000 Kilometer legen die Tiere in einer Saison zurück. Berechnungen zeigen zudem, dass frisch geschlüpfte Wanderfalter genügend Energie haben, um zirka 40 Stunden durchzufliegen.
Die Zahl der Distelfalter, die im Sommer nach Europa gelangen, variiert stark von Jahr zu Jahr. Das erklärt sich laut Gao Hu und seine Kollegen damit, dass auch die klimatischen Bedingungen und das Pflanzenwachstum von Jahr zu Jahr schwanken.
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