Sinnesphysiologie: Interpretation beeinflusst Sehprozess
Unsere Vorstellung von dem, was wir sehen, wirkt offenbar auf das zurück, was basale Sehnerven an höhere Gehirnregionen weiterleiten. Diesen Schluss ziehen Hendrikje Nienborg und Bruce Cumming aus Versuchen an Affen. Viele andere Wissenschaftler hatten zuvor einen derartigen Einfluss höherer kognitiver Prozesse auf den Sehsinn für unwahrscheinlich gehalten.
Nienborg und Cumming von den National Institutes of Health in Bethesda haben die neuronalen Prozesse beim Sehprozess von Makaken untersucht, die eine optisch täuschende, uneindeutige Anordnung von ineinanderlaufenden Ringen und Scheiben betrachteten. Die Reaktion der Tiere verriet, ob sie die innen liegende Scheibe entweder als entfernter oder näher liegend als den Ring interpretieren – beide Sichtweisen sind plausibel, schließen nach einer Entscheidung für eine dann aber die andere aus.
Wie schon in früheren Studien beobachtet, ändern sich im Lauf des Versuches die von den V2-Neuronen abgeleiteten Signale. Nienborg und Cumming zeigten nun aber, dass dies stets abhängig davon war, wie die Affen sich nach dem ersten Blick entschieden hatten; ob sie also die innere Scheibe als nah oder fern liegend interpretieren.
Bislang waren viele Forscher einer alternativen Hypothese gefolgt, nach der Veränderungen der V2-Signale eher mit sensorischer Unschärfe, einer Art neuronalen Rauschens erklärt wurden. Der neuronale Prozess des Sehens sei grundsätzlich ein "Botton-up"-Vorgang, bei dem höhere Hirnregionen aus Konturen ein Objekt konstruieren. Eine Rückmeldung an die basalen Sehnerven sei schon deshalb unwahrscheinlich, weil die komplexe Kognition zu lange dauern würde. (jo)
Nienborg und Cumming von den National Institutes of Health in Bethesda haben die neuronalen Prozesse beim Sehprozess von Makaken untersucht, die eine optisch täuschende, uneindeutige Anordnung von ineinanderlaufenden Ringen und Scheiben betrachteten. Die Reaktion der Tiere verriet, ob sie die innen liegende Scheibe entweder als entfernter oder näher liegend als den Ring interpretieren – beide Sichtweisen sind plausibel, schließen nach einer Entscheidung für eine dann aber die andere aus.
Die Forscher konzentrierten sich besonders auf das Feuerverhalten von Neuronen im sekundären visuellen Areal (V2) der Großhirnrinde von Affen. Hier, nur wenige neuronale Verarbeitungsschichten entfernt von der Netzhaut, werden wahrscheinlich sehr grundlegende visuelle Parameter wie Kontraste, Bewegungsrichtung oder Orientierung von visuellen Stimuli verarbeitet. Bei der Wahrnehmung identischer Dinge sollten daher eigentlich auch die Nervenimpulse der V2-Neurone gleich sein.
Wie schon in früheren Studien beobachtet, ändern sich im Lauf des Versuches die von den V2-Neuronen abgeleiteten Signale. Nienborg und Cumming zeigten nun aber, dass dies stets abhängig davon war, wie die Affen sich nach dem ersten Blick entschieden hatten; ob sie also die innere Scheibe als nah oder fern liegend interpretieren.
"Was wir glauben zu sehen, verändert, was wir tatsächlich sehen"
(Hendrikje Nienborg)
Demnach, so schlussfolgern die Forscher, beeinflussen höhere Hirnregionen in einem "Top-down"-Prozess die Datenprozessierung in den niedrigen visuellen Arealen. Was wir glauben zu sehen, verändert demnach das, was wir tatsächlich sehen, so Nienborg. Wie die postulierte Rückmeldung umgesetzt wird, ist noch unbekannt. (Hendrikje Nienborg)
Bislang waren viele Forscher einer alternativen Hypothese gefolgt, nach der Veränderungen der V2-Signale eher mit sensorischer Unschärfe, einer Art neuronalen Rauschens erklärt wurden. Der neuronale Prozess des Sehens sei grundsätzlich ein "Botton-up"-Vorgang, bei dem höhere Hirnregionen aus Konturen ein Objekt konstruieren. Eine Rückmeldung an die basalen Sehnerven sei schon deshalb unwahrscheinlich, weil die komplexe Kognition zu lange dauern würde. (jo)
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