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Invasive Arten: Konkurrenzlose Aga-Kröte frisst sich selbst

In Australien hat der Nachwuchs der invasiven Aga-Kröte kaum jemanden zu fürchten. Klar, dass er dann auf Artgenossen losgeht.
Kaulquappen der Aga-Kröten attackieren sich gegenseitig

Ost- und Nordaustralien werden seit Jahrzehnten eine vom Menschen verschuldete Plage nicht los: die 1935 einst zur Schädlingsbekämpfung aus Südamerika auf den Fünften Kontinent eingeführten Aga-Kröten (Rhinella marina). Sie breiten sich fast ungebremst aus, fressen zahlreiche kleinere Vertreter der australischen Fauna und sind giftig, so dass die wenigen Fressfeinde wie etwa das Krokodil es schwer haben. Bisher sind verschiedene Versuche gescheitert, der Plage Herr zu werden – auch kreative Ideen wie jene, die Aga-Kröten großflächig abzusammeln und als Delikatesswurst zu vermarkten.

Der ökologische Erfolg der südamerikanischen Kröten in Ozeanien ist derart überragend, dass Forscher nun auch untersuchen, ob die Tiere in der neuen Heimat Tricks dazugelernt haben – womöglich als Reaktion auf die früheren fehlgeschlagenen Ausrottungsversuche – oder ob sie einfach weiter davon profitieren, eine Nische konkurrenzlos erobert zu haben. Auf die Spur der Invasoren hat sich auch Jayna L. DeVore von der University of Sydney gesetzt: Mit ihrem Team hat sie das Verhalten der Kaulquappen der Aga-Kröte untersucht. Dabei sind sie der Beobachtung nachgegangen, dass auch die Jungtiere der invasiven australischen Vertreter deutlich aggressiver sind als ihre südamerikanischen Artgenossen: In Australien sind Aga-Kaulquappen viel häufiger Kannibalen in ihren Tümpeln und Wasserpfützen und fressen bei jeder Gelegenheit andere Aga-Kaulquappen auf.

Die Frage war nun, ob sie dies tun, weil sie in Australien eben keine andere Nahrung finden, also Unterschiede im Habitat verantwortlich sind. Oder sind die Kröten in Australien in den letzten Jahrzehnten aggressiver geworden? Stimmt womöglich beides? DeVore und Co haben dies durch einen Vergleich von amerikanischen und australischen Aga-Kaulquappen herauszufinden versucht, den sie im Fachblatt »PNAS« beschreiben: Sie sammelten invasive Kröten in Australien und einheimische in Südamerika und führten in einer Versuchsreihe insgesamt 514 Experimente durch, bei denen Kaulquappen die Gelegenheit bekamen, andere Kaulquappen zu fressen. Erstes eindeutiges Ergebnis: Eine Kaulquappe wird häufiger gefressen, wenn sie mit einer Kaulquappe aus Australien konfrontiert wird. Und das ist kein Zufall, wie weitere Versuche mit kaulquappengefüllten sowie leeren Fallen zeigen: Australische Aga-Kaulquappen suchen aktiv nach anderen, um diese dann anzugreifen. Südamerikanische Kaulquappen interessieren sich dagegen nicht für Artgenossen.

Offenbar sind die Kaulquappen in Australien also deutlich aggressiver. Das macht sie nun aber auch zu einer Gefahr für sie selbst – und dies hat schon dazu geführt, dass die Varianten in Australien Gegenmaßnahmen entwickelten. So wachsen die ozeanischen Kaulquappen deutlich schneller heran. Zudem werden sie noch einmal schneller groß, wenn sie nicht allein, sondern in Gegenwart anderer Kaulquappen gehalten werden: Offensichtlich nehmen sie die Anwesenheit von Artgenossen wahr und registrieren diese als Gefahr, aus der sie möglichst schnell herauswachsen müssen. Die erfolgreichen Aga-Kröten in Australien haben sich demnach bereits selbst unter Evolutionsdruck gesetzt. Vielleicht ist die Aga-Kröte also die größte Hoffnung, der Aga-Kröte Einhalt zu gebieten.

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