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Isoliert: Chronische Einsamkeit erhöht Schlaganfallrisiko deutlich

Menschen über 50, die sich über einen langen Zeitraum einsam fühlen, erleiden häufiger einen Schlaganfall als jene, die mit ihren sozialen Kontakten zufrieden sind.
Man sieht einen älteren Herrn mit Stock von hinten, er sitzt zu Hause auf seinem Bett und schaut aus dem Fenster
Laut des Einsamkeitsbarometers 2024 betrugen die Einsamkeitsbelastungen im Jahr 2021 bei den 18- bis 29-Jährigen 14,1 Prozent, bei den 30- bis 50-Jährigen 12,3 Prozent, bei den 51- bis 75-Jährigen 9,8 Prozent und bei den Menschen ab 75 Jahren 10,2 Prozent (Symbolbild).

Rund elf Prozent der Menschen in Deutschland fühlen sich einsam. Sie haben weniger soziale Kontakte, als sie es sich wünschen würden, und empfinden dies als belastend. Studien belegen, dass ein Gefühl der Isolation mit einer erhöhten Anfälligkeit für zahlreiche psychische und physische Erkrankungen zusammenhängt – von Depressionen über einen beschleunigten kognitiven Abbau bis hin zu Herz-Kreislauf-Leiden oder Schlaganfall. Wie stark das Risiko für einen Schlaganfall bei chronischer Einsamkeit steigt, zeigt nun die Studie eines Forschungsteams der Harvard T.H. Chan School of Public Health.

Es untersuchte Daten von 12 161 Teilnehmenden einer zwölf Jahre andauernden Langzeitstudie in den USA, die zu Studienbeginn mindestens 50 Jahre alt waren und noch keinen Schlaganfall erlitten hatten. Sie beantworteten Fragen zu ihrem Einsamkeitsempfinden, die auf der überarbeiteten »UCLA Loneliness Scale« beruhen. Hierbei werden die Betroffenen unter anderem gefragt, wie oft sie das Gefühl haben, dass ihnen Gesellschaft fehlt, sie Teil einer Gruppe sind oder sie Ansprechpartner im Alltag haben. Vier Jahre später stellten die Forscherinnen und Forscher diese Fragen erneut 8936 der zuvor befragten Personen und ordneten die Teilnehmer basierend auf ihren Antworten in vier Gruppen ein: »konstant niedrig« (geringe Einsamkeitswerte zu beiden Zeitpunkten), »rückläufig« (hohe Einsamkeitswerte zu Beginn, niedrige Werte später), »neues Auftreten« (geringe Einsamkeitswerte zu Beginn, hohe Werte später) und »konstant hoch« (hohe Einsamkeitswerte zu beiden Zeitpunkten).

Unter den Studienteilnehmern, deren Einsamkeit nur zu Beginn gemessen wurde, traten 1237 Schlaganfälle auf, während sich bei jenen, die über die Zeit hinweg zwei Einsamkeitsbewertungen abgaben, 601 Schlaganfälle ereigneten. Die Forscher analysierten das Schlaganfallrisiko jeder Gruppe im Kontext ihrer Einsamkeitserfahrungen und kontrollierten dabei andere gesundheitliche und verhaltensbezogene Risikofaktoren, darunter Körpergewicht, depressive Symptome und soziale Isolation. Letztere ist nicht gleichzusetzen mit Einsamkeit, denn soziale Isolation entsteht, wenn eine Person nur wenige bedeutungsvolle Kontakte hat. Einsamkeit hingegen bezeichnet die subjektive Erfahrung von jemandem, der mit seinen bestehenden Beziehungen unzufrieden ist.

Die Ergebnisse zeigten, dass bei denjenigen, die nur einmal befragt wurden und angaben, einsam zu sein, ein um 25 Prozent höheres Schlaganfallrisiko vorlag als bei jenen, die sich zu diesem Zeitpunkt nicht isoliert fühlten. Die Personen, die bei beiden Befragungen hohe Werte aufwiesen (»konstant hoch«), hatten sogar ein um 56 Prozent höheres Schlaganfallrisiko als jene, die durchgehend niedrige Werte hatten (»konstant niedrig«) – und zwar im Gegenteil zu bisherigen Studienergebnissen weitestgehend unabhängig von anderen verhaltensbezogenen Risikofaktoren und Gesundheitszuständen. Bei Teilnehmern, die entweder rückläufige oder neu auftretende Einsamkeit erlebten, war das Risiko nicht erhöht. Dies deutet laut den Forscherinnen und Forschern darauf hin, dass die Auswirkungen von Einsamkeit auf das Schlaganfallrisiko langfristig sind und die gefühlte Isolation ein eigenständiger Risikofaktor dafür ist. Weitere Studien seien jedoch notwendig, um die genauen Mechanismen zu verstehen und zu ermitteln, ob die Ergebnisse auch auf jüngere, einsame Menschen übertragbar sind.

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